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Klaus Landowsky wird keine Lichtgestalt mehr.

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Der Fall Landowsky: Schuld und Bühne

Das Desaster der Bankgesellschaft ist geschehen, und zur Lichtgestalt wird Klaus Landowsky auch durch den Karlsruher Richterspruch nicht. Aber das Urteil gibt Anlass, manches anders zu sehen.

Das Echo dieses Urteils wird wie ein Donner durch die Republik rollen. Dass das höchste deutsche Gericht die Entscheidungspraxis bei der Bestrafung von Untreue kritisiert und einschlägige Verurteilungen aufhebt, kann nicht ohne Folgen für die heftig aufgeflammte Debatte über das Verhalten der wirtschaftlichen Führungsschichten im Zuge der Bankenkrise und der anhängigen Vorwürfe von Wirtschaftskriminalität bleiben. Vor allem jedoch wird es in Berlin eine nachhaltige Wirkung haben. Denn mit der Aufhebung des Landgerichtsurteils gegen Klaus Landowsky, dem Vorstandsmitglied der Bankgesellschaft und langjährigen CDU-Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus, rührt es an eine hoch empfindliche Stelle in der jüngsten Geschichte der Stadt.

Wie immer man Landowskys Rolle bewertet, mit dem Karlsruher Urteil ist die Absicht, sein Verhalten bei der Kreditvergabe an die Aubis-Gruppe mit einer Bestrafung zu ahnden – das Urteil erging im Jahre 2007 – zunächst sozusagen auf null gestellt. Was ausstrahlt auf das Thema, das ihn bald ein Jahrzehnt begleitet hat: die Vorwürfe und Anklagen in Bezug auf seine Verantwortung für das Schicksal der Bankgesellschaft. Deren Krise bedeutete in Berlin eine Zäsur, die die Machtverhältnisse umkippte und ihn, seit langem eine der einflussreichsten politischen Gestalten der Stadt, nahezu zur Unperson machte. Das lange, erbittert verfolgte Unterfangen, eine Verurteilung des Ex-Bankiers zu erreichen, ist fürs Erste in der Ebene der prozessrechtlichen Rückverweisung gelandet. Und da es doch auch den Ex-Politiker zur Strecke bringen sollte, hat Landowsky eine wichtige Bataille gewonnen.

Fällt deshalb ein anderes Licht auf die dramatischen Monate, in denen anno 2001/2002 erst die Bankgesellschaft und dann die langjährige CDU-Vorherrschaft in Berlin Schiffbruch erlitt? Und auf Klaus Landowsky, der dabei die Schlüsselfigur war – mit seiner Verbindung von Bank und Politik, mit seiner Fähigkeit, alle Fäden in der Hand zu halten, mit seinem ungewöhnlichen politischen Temperament? Die Geschichte wird nicht umgeschrieben werden. Das Desaster der Bankgesellschaft ist geschehen, und zur Lichtgestalt wird Landowsky auch durch das Karlsruher Urteil nicht. Mit ihm bleibt zum guten Teil eben nicht nur der Aufstieg, sondern der Niedergang seiner Partei verbunden, auch manche der abfälligen Urteile, die am damaligen West-Berlin hängen geblieben sind.

Aber das Urteil gibt Anlass, manches anders zu sehen. Das Bundesverfassungsgericht hält zwar daran fest, dass Untreue ein Straftatbestand sei, ist aber überzeugt davon, dass die entsprechenden Regeln zurückhaltender angewendet werden müssen. Einiges spricht dafür, dass auch die heftigen, das politische Klima zerreißenden Auseinandersetzungen, die sich seinerzeit um den Bankenskandal entwickelten, mit mehr Zurückhaltung betrachtet werden. Wenn das Gericht eine konkrete und bezifferbare Beweisführung für den Schuldvorwurf in Sachen Untreue einfordert, so sollte das auch der Maßstab für den Blick zurück auf diese dramatische Phase der jüngsten Geschichte sein. Und irgendwie gilt das auch für die Rolle Landowskys in der Berliner Politik.

Vielleicht erleichtert es der Stadt, sich zu dem Schluss durchzuringen, dass der Bankgesellschafts-Skandal nicht allein das Ergebnis gewagter Finanzmanöver war, sondern auch die Konsequenz einer Überforderung durch die Situation und – das allerdings – auch eines übergroßen Ehrgeizes. Vermutlich muss man die Entwicklungen, die dann im Desaster der Bankgesellschaft kulminierten, zum nicht geringen Teil den Vereinigungsschwierigkeiten zurechnen. Das befreit nicht von der Frage nach der Schuld, aber es konditioniert ihre Zurechenbarkeit.

Die Schwierigkeiten, den Untreuevorwurf juristisch ins Ziel zu bringen, bilden ja auch den Tenor des aufsehenerregenden Karlsruher Urteils. Er bezeugt die Vertracktheit der Materie. Sie spiegelt insofern auch eine Überforderung der Rechtsprechung durch eine ins Kraut geschossene Entwicklung.

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