Meinung: Wie kann man exzessives Trinken Jugendlicher unterbinden?
Zur Berichterstattung über Flatrate-Partys und das Trinkverhalten von Jugendlichen In Ihrer Ausgabe vom 12.3.
Stand:
Zur Berichterstattung über Flatrate-Partys und das Trinkverhalten von Jugendlichen
In Ihrer Ausgabe vom 12.3.07 beschreiben Sie erstmalig (?), wie und ob man das Wetttrinken abschaffen, verbieten oder dergleichen soll. Auch im TV ist dieses Thema mittlerweile wichtig geworden.
Natürlich muss diese Art von Wetttrinken verboten werden, egal ob für Jugendliche, Heranwachsende oder „gestandene Männer“.
Warum soll die Gemeinschaft der Beitragszahler Behandlungskosten, Notfallkosten etc. für diese Vollidioten mitfinanzieren, wo die Kassen eh schon klamm sind, und der Wirt freut sich noch über seinen gestiegenen Umsatz!
Die Krönung jedoch sind die Aussagen der Politiker. Als ob hier Aufklärung (durch nette Senatsbroschüren) irgendetwas ändert.
Vielleicht müsste der junge Mann, der im Koma liegt, sterben, damit ein Schock durch die Wettsäufer geht.
Wenn dann noch die Politiker darauf hinweisen, dass kein Personal für Kontrollen zur Verfügung steht, dann sollen sie mal eine Hundertschaft von Knöllchenschreibern abziehen, denn fürs Ordnungsamt gibt es keine Personalnöte. Die haben genug Leute, die auch noch Samstagnachmittag durch die kleinste Nebenstraße ziehen, um Parksündern nachzujagen. Ist ja auch gefahrlos und bringt Geld – Kontrollen in Kneipen könnten ja zu Problemen führen. Anpöbeleien, Schläge etc., da will man sich lieber nicht schmutzig machen ...
Manfred Höhn, Berlin-Schöneberg
Sehr geehrter Herr Höhn,
seit dem tragischen Unglücksfall des Jugendlichen, der nach einer Sauftour ins Koma gefallen ist, ist das „Trinken, bis der Arzt kommt“ von Jugendlichen im Moment Thema Nr.1. Sofort erschallt der Ruf nach neuen Gesetzen und stärkeren Kontrollen.
Ich finde, wir sollten das Augenmaß nicht verlieren. Dass Jugendliche in einer bestimmten spätpubertären Lebensphase ihre Grenzen austesten wollen, ist nun wirklich nichts Neues. Da mag sich jeder einmal an seine eigene Jugend erinnern. Auch wir waren keine Unschuldslämmer. Wer von uns ist als junger Mensch nicht schon einmal mit dröhnendem Kopf aufgewacht und wollte dem Alkohol für immer abschwören, nachdem er am Abend zuvor beweisen wollte, was so ein richtiger Steher ist. Für die meisten Jugendlichen ist das sogenannte Komatrinken bis zum „Filmriss“ eher eine temporäre Erscheinung. Allerdings wird es auch leider nie ganz auszuschließen sein, dass es in einer 3,5-Millionen-Einwohner-Stadt zu tragischen Unglücksfällen kommt.
Angeheizt wird die Diskussion durch die Flatrate-Partys, mit denen Discos und Bars Teenies zu Schleuderpreisen gezielt zu regelrechten Sauforgien anlocken. Nach dem Jugendschutzgesetz dürfen Bier und Wein nur an über 16-Jährige und Spirituosen nur an über 18-Jährige ausgegeben werden. Hält sich ein Gastwirt nicht hieran, wird gegen ihn ein Bußgeld verhängt. Und häufen sich diese Fälle, wird ihm die Konzession wegen persönlicher Unzuverlässigkeit entzogen. Aber ein so richtig scharfes Schwert ist das auch nicht. Denn sind Profis am Werke, wird das Lokal erfahrungsgemäß am nächsten Tag von irgendeinem Strohmann als neuem Konzessionsträger, sei es vom Schwager, Oberkellner oder sonst einem Bekannten, einfach wieder angemeldet.
Ihr Vergleich hinkt. Denn die Gaststätten werden gar nicht von den Ordnungsämtern, sondern vom Gewerbeaußendienst der Polizei überprüft. Diese Aufgabe wird von der Polizei ernst genommen. Gleichwohl ist es schlichtweg unmöglich, alle Kneipen, Bars und Diskotheken in Berlin rund um die Uhr zu überwachen. Dies übersteigt die Kapazitäten einer jeden Behörde bei weitem.
Der Senat prüft nun, ob das Jugendschutzgesetz oder das Gaststättengesetz ein Verbot solcher Flatrate-Partys hergeben. Ich denke aber, weder mit dem Verbot dieser Angebote noch mit mehr Kontrollen kann das Problem des unverantwortlichen Umgangs von Jugendlichen mit Alkohol gelöst werden. Denn wenn es nicht die Discos und Bars sind, dann finden die Saufgelage eben im privaten Bereich, zur Not an der Hausbar von Papa statt.
Das Thema Jugendliche und Alkohol hat schon Tausende von wissenschaftlichen Aufsätzen, Expertisen und soziologischen Studien gefüllt. Diesen Fundus will ich an dieser Stelle gar nicht weiter anreichern.
Eines können wir aber mit Gewissheit sagen: Jugendlichen für zehn Euro Saufen ohne Limit anzubieten, ist für mich so ziemlich die niedrigste Stufe unserer ach so zivilisierten Gesellschaft. Gastwirte, die so etwas machen, um den Umsatz anzukurbeln, müssen echt ein Rad ab haben.
Mit herzlichen Grüßen
— Heinz Buschkowsky (SPD) ist Bürgermeister von Neukölln.
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