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Meinung: „Wir haben einen genauen Plan“

Alexej Borissowitsch Miller kämpfte vergeblich gegen seine Nervosität, als ihn der russische Präsident Wladimir Putin im Mai 2001 zu sich bestellte. Aus gutem Grund: Der rotblonde Mann mit dem deutsch klingenden Namen und dem schüchternen Blick sollte den Erdgaskonzern Gasprom wieder unter Kuratel des Kremls stellen: ein Imperium mit über 300 000 Mitarbeitern, das 25 Prozent – nach anderen Schätzungen sogar ein Drittel – der Erdgasvorkommen weltweit kontrolliert und unter Putins Amtsvorgänger Boris Jelzin zu einem kaum noch überschaubaren Geflecht von Töchtern und Sparten degeneriert war, deren Chefs vor allem in die eigene Tasche wirtschafteten.

Alexej Borissowitsch Miller kämpfte vergeblich gegen seine Nervosität, als ihn der russische Präsident Wladimir Putin im Mai 2001 zu sich bestellte. Aus gutem Grund: Der rotblonde Mann mit dem deutsch klingenden Namen und dem schüchternen Blick sollte den Erdgaskonzern Gasprom wieder unter Kuratel des Kremls stellen: ein Imperium mit über 300 000 Mitarbeitern, das 25 Prozent – nach anderen Schätzungen sogar ein Drittel – der Erdgasvorkommen weltweit kontrolliert und unter Putins Amtsvorgänger Boris Jelzin zu einem kaum noch überschaubaren Geflecht von Töchtern und Sparten degeneriert war, deren Chefs vor allem in die eigene Tasche wirtschafteten. Allen voran der bisherige oberste Gasbaron: Rem Wjachirew, der sein Handwerk auf den Gasfeldern von der Pike auf gelernt und sich im sowjetischen Ministerium für Gasindustrie Stufe um Stufe hochgedient hatte.

Wjachirew bot gewissermaßen das Kontrastprogramm zu Miller, der bis dato kaum Führungserfahrung und keine Ahnung von Gaswirtschaft hatte. 1962 wurde Miller in St. Petersburg geboren, studierte dort Wirtschaft und Finanzen und promovierte 1989 kurz vor dem Ende der Sowjetunion. Ein Jahr später bewarb er sich beim Ausschuss für Wirtschaftsreformen in der Stadtregierung und lernte dort Putin kennen. Der war damals Vizebürgermeister und Leiter des Direktorats für internationale Beziehungen – aus heutiger Sicht Durchlauferhitzer und Kaderschmiede der Putin-Ära.

Dem späteren Präsidenten empfahl sich Miller vor allem durch persönliche Loyalität. Eigene Entscheidungen zu treffen, noch dazu strategische, so Freunde von damals, sei seine Sache nie gewesen. Vielmehr habe Miller stets um klare Direktiven gebeten und diese stets mit Bravour erledigt und auf Nebenkriegsschauplätzen dabei sogar Kreativität erkennen lassen. Für Putin, der nach genau umgekehrtem Programm tickt, ist Miller daher kein Konkurrent, sondern eine ideale Ergänzung. Er vergaß seinen Famulus daher auch nicht, als beide für einige Jahre getrennt Karriere machten: Putin in Moskau, Miller in St. Petersburg bei mittelständischen Unternehmen.

Im Mai 2000, Putin ist gerade als Präsident vereidigt worden und bildet die Regierung um, wird Miller zunächst stellvertretender Energieminister und ein Jahr später zum Vorstandschef von Gasprom ernannt.

Eine Wahl, die Putin bisher nie bereut hat. Denn aus seiner Sicht ist der Gefolgsmann durchaus erfolgreich: Miller holt die Kontrolle über große Teile der verstreuten Gasprom-Aktiva zurück, schmeißt die Seilschaften seiner Vorgänger aus dem Unternehmen und hilft mit, die russische Medienlandschaft gleichzuschalten: Der einst kritische Fernsehsender NTW, der die für Miller wenig positiven Bilder von dessen Bestallung im Kreml ausstrahlte, gehört inzwischen der Gasprom-Media-Holding und ist seither fast so handzahm wie der Staatssender RTR.

Regelmäßig taucht Miller seitdem in den Hitlisten der einflussreichsten Russen auf, die die „Nesawissimaja Gaseta“ monatlich veröffentlicht. Immer noch fein säuberlich unterteilt in Politiker und Unternehmer, obwohl beide Branchen unter Putin längst zusammengewuchert sind. Stets unter den ersten fünf der Goldenen Horde – Russlands Oligarchen – boxt er sich seit dem Gaskrieg mit der Ukraine auch in der Gewichtsklasse „Politiker“ allmählich in die Spitzengruppe vor.

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