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Porträt: Yvonne, die entflohene Kuh

Scharen von Freiwilligen versuchen, sie einzufangen. Doch trotz aller Mühen und kreativer Fangversuche ist Yvonne noch immer auf der Flucht. Eine Zusammenfassung der Ereignisse.

Von Andreas Oswald

Auch eine dumme Kuh fällt nicht auf jeden Stier herein. Freiheit ist einfach zu wertvoll, um sie gegen ein behütetes Heim zu tauschen. Es ist so eine Art Freilichtaufführung, die seit mehreren Wochen in Oberbayern gegeben wird, und ihre freiheitliche Botschaft erreicht nicht nur FDP-Wähler. Die sechs Jahre alte Kuh Yvonne scheint alle zum Narren zu halten, allerdings ist die genaue Rollenverteilung nicht ganz klar. Da gibt es einen bösen Bauern, ein böses Landratsamt, den bösen Straßenverkehr – und eine Gruppe von Tierschützern.

Nachdem Yvonne dem Bauern am 24. Mai entlaufen war, der sie mästen und eines Tages schlachten wollte, haben ihm die Tierschützer das flüchtige Tier abgekauft. „Die Kuh, die ein Reh sein will“ – diese Charakterisierung wurde mutmaßlich erstmals von der „Passauer Neuen Presse“ im Juli formuliert und schaffte es anschließend in Überschriften fast aller Zeitungen der Republik. Denn wie ein Reh suche Yvonne einen festen Platz im Unterholz, an dem sie die Tage verbringt, schrieb das Blatt in Passau. Erst zur Dämmerung komme sie aus dem Wald, wittere vorsichtig und beginne dann erst zu grasen. Als die Kuh einmal fast in ein Polizeiauto gelaufen war, gab das Landratsamt das Tier zum Abschuss frei. Das war der Startschuss für eine landesweite Kampagne zur Rettung des Viehs.

Die Tierschützer, die einen Gnadenhof unterhalten, inszenieren seither eine öffentliche Suche: Eine schweizerische Tierflüsterin wurde bemüht, ohne Ergebnis. Scharen von Menschen durchkämmten den Wald. Ein Stier namens Ernst, der „aus der Sicht der Kühe sehr schön“ und laut „FAZ“ vom Typ her „seriös“ sein soll, konnte nichts ausrichten. Seriös zieht wohl nicht bei jeder Kuh. Vielleicht würde es aber schon reichen, wenn man als Stier nicht Ernst heißt. Seit gestern ist ein professioneller Fährtensucher im Einsatz, der „behutsam und in Socken“, wie es hieß, den frischen Huftritten folgt. Wenn das nichts hilft, greifen die Tierschützer zum allerletzten Mittel: einer Wärmebildkamera in einem Hubschrauber, den der Radiosender Antenne Bayern zur Verfügung stellt.

Niemand kann vorhersagen, wann die Geschichte zu Ende sein wird. Nur eines ist ziemlich sicher. Wenn sie erst im Winterloch endet, wird die „Passauer Neue Presse“ titeln: „Das Reh ist vom Eis.“

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