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Meinung: Zurück auf Los

Von Moritz Döbler

Es ist wohl mit der Arbeitslosigkeit nicht ganz so katastrophal wie gedacht. Jedes Einzelschicksal bietet Anlass für Mitgefühl, keine Frage. Aber die Macht der großen Zahl schwindet heute, ein wenig jedenfalls. Als im Januar die FünfMillionen-Marke überschritten wurde, war Deutschland in Aufruhr. Vieles, was sich seitdem politisch tat, hat mit dieser Ziffer zu tun: von den Heuschrecken bis zur Reichensteuer, von NRW bis Vertrauensfrage.

Aber jetzt zeigt sich der Juni als der vierte Monat in Folge, in dem die Arbeitslosenzahl sinkt, und der Trend dürfte bis zum Winter anhalten. So stümperhaft manche Teile der Hartz-Reformen konstruiert, umgesetzt oder kommuniziert wurden, am Ende scheinen sie doch zu wirken. Wenn nun die Kommunen, wie zwischen der Bundesagentur und Minister Clement vereinbart, mehr Verantwortung erhalten, wenn die Vermittlung endlich auf Touren kommt, wäre viel gewonnen.

Wenn man die aktuelle Arbeitslosenzahl tatsächlich so deutet, dass die Reformen wirken, dann heißt das auch: Die Regierung Schröder wird nun dafür bestraft, dass sie sich die Lösung für ihre drängendste Aufgabe viel zu spät überlegt hat. Denn der Monat der Wahrheit ist bereits der August, wenn die Bundesagentur ihre letzte Statistik vor der geplanten Bundestagswahl vorlegt. Die Arbeitslosenzahl dürfte dann unter 4,5 Millionen liegen. Wenn man nun den statistischen Effekt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe abzieht, dann ist man bei 4,1 Millionen.

Ein Déjà vu – denn das war exakt die Zahl sieben Jahre zuvor gegen Ende der Ära Kohl. Zwischen August 1998 und August 2005 mag sich eine Menge getan haben, aber diese Zahl ist gleich geblieben. Was für ein Hohn. Ende 1998 sagte Schröder als frisch gewählter Kanzler und Hoffnungsträger: „Wenn wir die Arbeitslosenquote nicht spürbar senken, dann haben wir es nicht verdient, wiedergewählt zu werden.“ Nun gut, zu viel versprochen. Aber immerhin hat er es geschafft, die Arbeitslosenquote nicht spürbar ansteigen zu lassen.

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