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Politik: … uns Knut enttäuscht

Das wird jetzt schon gefährliches Terrain, sozusagen dünnes Eis, schon klar. Aber es hilft nichts, auch unbequeme Wahrheiten müssen auf den Tisch.

Stand:

Das wird jetzt schon gefährliches Terrain, sozusagen dünnes Eis, schon klar. Aber es hilft nichts, auch unbequeme Wahrheiten müssen auf den Tisch. Knut, unser Knut, unser knuddeliger Knut, unser herzallerliebstes, zuckersüßes Eisbärbaby, unser schnuffeliger, tausendsassiger, verspielter, kleiner Knut, dieser Knut ist eine Umweltsau. Eine Dreckschleuder, ein CO2-Verblaser, ein Selbstartenmörder, ja, das alles ist unser kleiner Knut. Und wenn er in wenigen Wochen die Pubertät erreicht hat, dann wird er, so die Sozialprognose, auch noch zum gewaltbereiten Jugendlichen, der seinem rührenden Ziehvater mal kurz hieb- und kratzfest klarmacht, wo der Eisbär den Most holt. Dass Knut wohl auch Yan Yan, jene verblichene Pandadame auf dem Gewissen hat, soll nicht unerwähnt bleiben. Knut zieht alle Liebe auf sich, für Yan Yan blieb nichts mehr, sie schied dahin, mutmaßlich mit gebrochenem Herzen, 22 Jahre jung, das Leben noch vor sich.

Zurück zu Knuts Umweltsünden. Der Umweltminister Gabriel, ein prima Artgenosse, hat ja nun die Partnerschaft für Knut übernommen und ihn zum Maskottchen der Artenschutzkonferenz 2008 in Bonn erkoren. „Ohne Eis kein Eisbär“ hatte Gabriel ausgerufen und Knut zum Symbol für den Schutz der Arktis erklärt. Und das ist nun wirklich den Bock zum Gärtner gemacht. Knut, ausgerechnet Knut. Seit Wochen werden wir alle bis zur Magersucht darüber aufgeklärt, wie viel CO2 wir verschleudern, wenn wir auch nur eine Banane importieren, welche Umweltbelastung es darstellt, wenn wir bayerischen Leberkäse auch in Berlin essen wollen und Krabben aus der Nordsee in München. Und was frisst Knut? Geflügelfleisch. Soll er, aber muss das extra aus Übersee eingeflogen werden, aus Kansas? Gibt es in Berlin keine einheimischen, umweltschonenden Hühner, der Zoo, soll man meinen, sitzt doch an der Quelle. Alle Menschen sind gleich, nur manche eben etwas gleicher, oder? Der Einwand, Knut sei genealogisch gesehen ja nicht wirklich ein Mensch, ist marginal, das wird schon.

Es ist kaum zu fassen. Da sitzt dieser Kuschelbär im Rampenlicht, tut groß auf Unschuld und sorgt mit seiner doch sehr snobistischen Gier auf amerikanisches Hühnerfleisch kaltlächelnd dafür, dass das Eis, aus dessen Schoß er kroch, bildlich gesprochen natürlich, dass dieses Eis, das einstmals ewige, dahinschmilzt wie die Herzen all der Menschen, die an Knuts Unschuld glaubten. Man muss Gabriels Ausruf erweitern: „Ohne Eis, kein Eisbär. Aber mit importiertem Geflügel, kein Eis!“ Auch du, Knut, hast diese Erde nur geliehen. Knut, wir sind menschlich tief enttäuscht.uem

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