
© dpa/Bernd Wüstneck
AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm: Dieser Mann will Manuela Schwesig ablösen
Vier Kinder, ehemaliger NDR-Mitarbeiter: Wie wurde Leif-Erik Holm Spitzenkandidat der AfD in Mecklenburg-Vorpommern? Und welche Chancen hat er, Ministerpräsident zu werden?
Stand:
Radiostimme, Fernsehgesicht: Leif-Erik Holm strahlt aus, was AfD-Parteichefin Alice Weidel anstrebt – Regierungsfähigkeit, seriöses Auftreten. Wo Weidel blanken Hass in einen voll besetzten Saal senden würde, tritt Holm konzilianter auf.
Am Samstag kürte ihn die AfD in Mecklenburg-Vorpommern in Demmin zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl am 20. September 2026. Wie kam es dazu? Und kann Holm Ministerpräsidentin Manuela Schwesig von der SPD tatsächlich ablösen?
Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Leif-Erik Holm.
Herkunft und Familie
Leif-Erik Holm ist gebürtiger Schweriner, heute 55 Jahre alt und Vater von vier Kindern – was er bei Parteitagen gerne anspricht. 2019 postete Holm zwei Tage nach der Geburt seines Sohnes Ludwig Felix ein unverpixeltes Foto auf Facebook. Darunter hieß es: „Stolzer Papa: Unsere Nummer 3 ist geboren!“ 1800 Nutzern gefiel das Foto. Die Zahlen des Accounts sind überschaubar. Auf TikTok hat Holm rund 28.000 Follower.
Auf seinen Social-Media-Kanälen finden sich ansonsten vor allem Parteiinhalte – Gruppenbilder, Ausschnitte aus Reden.
Mehr Politik sehen Sie hier
Holm gibt in seinem Lebenslauf an, er habe eine Lehre zum Elektromonteur gemacht, im Bau- und Montagekombinat „Industrie- und Hafenbau Stralsund“, danach Grundwehrdienst in der Nationalen Volksarmee und ein VWL-Studium nach dem Abitur.
Holm schreibt, er sei in der „wilden Wendezeit zum Radio“ gekommen. Er arbeitete als DJ und Radiomoderator, Letzteres über mehr als 20 Jahre. Seine Arbeitgeber: Antenne MV, Radio FFH in Frankfurt am Main und sogar der NDR. Heute will Holm den Rundfunkstaatsvertrag kündigen.
Politischer Aufstieg
Die Euro-Rettung habe ihn geärgert, heißt es. Holm lernt den AfD-Gründer Bernd Lucke kennen und baut die AfD in Mecklenburg-Vorpommern mit auf. Im Gegensatz zu Lucke bleibt Holm in der AfD, steigt in der Partei auf, äußert sich kritisch über Flüchtlinge und Muslime.
Er arbeitete für die damalige Europaabgeordnete Beatrix von Storch, ist seit 2013 mit Unterbrechungen Landesparteichef in Mecklenburg-Vorpommern, war kurz Fraktionsvorsitzender im Schweriner Landtag und wechselte dann in den Bundestag.
Das Berliner Pflaster wird für Holm zwischenzeitlich zur Belastung. Rund um die Landtagswahl 2016 werden Fragen nach Holms Wohnort laut. Hintergrund: Kandidaten müssen mindestens drei Monate vor der Wahl ihren Erstwohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern haben. Holm aber, so bringen es Kritiker vor, habe seinen Lebensmittelpunkt mit seiner Familie in Prenzlauer Berg.
Einsprüche gegen die Kandidatur werden jedoch zurückgewiesen. Die Landeswahlleiterin stellt fest, dass Holm zu dem Zeitpunkt seine alleinige Wohnung in Mecklenburg-Vorpommern hatte.
Bei der Bundestagswahl ein Jahr später spielt Holms Wohnort keine rechtliche Rolle mehr. Zwar verliert er die Direktwahl gegen Kanzlerin Angela Merkel (44 Prozent) mit 19,2 Prozent der Wählerstimmen. Dennoch zieht Holm über die Landesliste (Platz eins) in den Bundestag ein.

© dpa/Michael Kappeler
Sechs Jahre lang ist er dort stellvertretender Fraktionsvorsitzender, bis er das Amt an den nordrhein-westfälischen Abgeordneten Stefan Keuter verliert. In Schwerin scheiterte Holm im Juni 2023 in der Stichwahl zum Amt des Oberbürgermeisters.
Inhaltliche Positionen
Auch wenn er sich in Gesprächen und Auftritten gemäßigter als manch anderer AfD-Chef im Osten gibt – Holm vertritt klassische AfD-Positionen. Knapp ein Jahr vor der Wahl haben seine Auftritte vor allem mit der Bundespolitik zu tun. Das muss sich allerdings nicht zwangsläufig ändern – die AfD spricht bis in den Kommunalwahlkampf hinein häufig über Bundesthemen, unabhängig davon, was sich auf der jeweiligen politischen Ebene wirklich ändern ließe.
Auf Holms Homepage ist die Rede von „Migrations-Irrsinn, Sicherheitsverlust“ und wirtschaftlichem Niedergang, von angeblich „linksgrünen Umerziehungsmaßnahmen“ und „Gender-Wahn“, also von AfD-Klassikern. Offenbar fehlt allerdings eine Aktualisierung – im Text ist noch die Rede von einer angeblich „Faeser’schen Gesinnungspolizei“. Ins Bundesinnenministerium ist mittlerweile Alexander Dobrindt (CSU) eingezogen.
Interessant: Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern und der Bundesebene gilt die AfD in Mecklenburg-Vorpommern laut Landesverfassungsschutz bislang nicht als „gesichert rechtsextremistisch“, sondern wird als rechtsextremer Verdachtsfall geführt.
Holm macht da keine Ausnahme. Ein Beispiel: Im Europawahlkampf hatte Parteikollege Maximilian Krah in einem Interview gesagt, nicht jeder, der eine SS-Uniform trug, sei ein Verbrecher gewesen. Mehrfach danach befragt, distanzierte sich Holm in der Talk-Sendung „Hart aber fair“ nicht von der Aussage, sondern sagte, das hätten vor Krah auch schon andere prominente Bundespolitiker gesagt. Und: In jeder kriminellen Organisation gebe es Personen, die sich nicht selbst schuldig gemacht hätten.
Im Landtag beschäftigt sich die AfD derzeit etwa mit dem Unterrichtsniveau an Realschulen, einer angeblichen „Politisierung unserer Schulen“ und der Apothekenversorgung im ländlichen Raum.
Verhältnis zur Parteiführung
Angesichts von vielen Problemfällen, massiv zerstrittenen Landesverbänden und toxischen Spitzenkandidaten dürfte die AfD-Parteiführung im Bund recht zufrieden sein mit der Kandidatur von Leif-Erik Holm.
Mit Parteichefin Alice Weidel, die wie Holm Ökonomin ist, verbindet ihn das Ziel, regierungsfähig zu wirken. Holms vergleichsweise wenig krawalliger Auftritt entspricht der aktuellen Parteilinie, was allerdings nicht heißt, dass er inhaltlich nicht offen wäre und in der Vergangenheit auch schon Bündnisse mit dem Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke geschlossen hätte.

© Imago/Jacob Schröter
Zu beiden AfD-Bundeschefs Weidel und Tino Chrupalla finden sich Daumen-hoch-Fotos mit Holm im Netz. Es ist davon auszugehen, dass die Bundespartei alles tun wird, um Holm im Wahlkampf zu unterstützen.
Wird Holm Ministerpräsident?
In seiner Rede zur Spitzenkandidatenwahl sagte Holm am Samstag: „Wir wollen die Alleinregierung in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist unser großes Ziel.“

© dpa/Bernd Wüstneck
Während bislang viele vor allem auf Sachsen-Anhalt blickten, wo Spitzenkandidat Ulrich Siegmund tatsächlich eine gewisse Chance auf die absolute Mehrheit hat, ist Holm in Mecklenburg-Vorpommern davon noch weit entfernt. Derzeit liegt die AfD dort bei 38 Prozent. Das ist mehr als doppelt so viel wie bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2021. Gleichzeitig ist die SPD mit Manuela Schwesig in den Umfragen mit 19 Prozent nur noch halb so stark wie zuvor.
Sachsen-Anhalt, darauf hofft Holm, könnte seinem Wahlkampf allerdings Rückenwind verschaffen. Sollte Siegmund wirklich extrem stark abschneiden, könnte Holm zwei Wochen später davon profitieren.
Falls nicht, fällt der Spitzenkandidat weich: Holm steht in Mecklenburg-Vorpommern nicht auf der AfD-Landesliste, er ist nur Direktkandidat gegen Manuela Schwesig. Sollte Leif-Erik Holm nicht Ministerpräsident werden, dürfte er Bundestagsabgeordneter bleiben.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false