Politik: Alles inklusive
Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Sie haben kein leichtes Spiel, die Leute vom Auswärtigen Amt. Nun gelten die Deutschen schon als Reiseweltmeister, und was tun die Beamten im Haus am Werderschen Markt in Berlin?
Foto: Rückeis / Montage: DP
HINTER DEN LINDEN
Sie haben kein leichtes Spiel, die Leute vom Auswärtigen Amt. Nun gelten die Deutschen schon als Reiseweltmeister, und was tun die Beamten im Haus am Werderschen Markt in Berlin? Sie geben Reisewarnungen aus, ohne Rücksicht darauf, bei den urlaubshungrigen Deutschen als Miesepeter zu gelten. Ganz generell fürchten die Diplomaten zurzeit Terroranschläge, ob nun am Horn von Afrika, in Südostasien, Amerika oder in der Europäischen Union. Seit dem 11. September 2001 ist es nicht leichter geworden, einen ruhigen Flecken zu finden.
Aber die Reisebranche lässt sich nicht irre machen. „Merian“ etwa hat eben ein Heft über die Dominikanische Republik herausgebracht, empfiehlt als „sehenswert“ auch eine Tour im Überlandbus nach Haiti, auf die „andere Seite der Insel“. Noble Vororte von der Hauptstadt Port-au-Prince, Flamingos „als rosa Tupfer auf dem See“ und „Kinder, die fix Schuhe auf Hochglanz polieren“ – alles inklusive. Auf den Informationsseiten des Auswärtigen Amtes wird ein ganz anderes Bild von Haiti gezeichnet: „Gewalttätige Demonstrationen, Bandenkriminalität und Entführungen sind an der Tagesordnung.“ Zunehmend würden auch die wenigen noch ins Land reisenden Touristen Opfer von brutalen Überfällen, auch am hellichten Tag und mitten in der Stadt. „In einem solchen Fall kann nicht mit Hilfe durch Passanten oder die Polizei gerechnet werden“, fügen Joschka Fischers Diplomaten warnend hinzu.
Doch vielleicht haben die Reise-Warner aus dem Außenamt nur keinen Sinn für Exklusivität. Im Internet jedenfalls preist auch der Club „Unterwasserwelt“ Haiti als Land für alle, die sich „einen letzten Rest an Abenteuerlust“ bewahrt haben. Die Taucher berichten von freundlichen Menschen in Haiti, allerdings auch von einer hohen Arbeitslosigkeit: „Alle hatten sich interessiert nach Deutschland erkundigt und wollten wissen, wie man da am besten hinkommt.“ Mehr deutsche Urlauber in Haiti – und wir Daheimgebliebenen werden die Haitianer bald richtig kennen lernen. Matthias Meisner