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Die Hoffnung nicht aufgeben.

© Getty Images/Os Tartarouchos

Am Ende eines schweren Jahres: Es liegt auch an uns selbst, der Hoffnung eine Chance zu geben

Das Land taumelt von Krise zu Krise, Unzufriedenheit macht sich breit. Mut machen könnte ausgerechnet der Wahlkampf.

Stephan-Andreas Casdorff
Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Stand:

Jetzt zu uns. In dieser Zeit, in der es früh düster wird und spät hell. In der Tage hängen wie Trauerweiden. So sang es die große Hilde Knef, Berlinerin nicht von Geburt, aber von Gesinnung. Und recht hatte sie. Sie hat es noch. Noch!

Tage, die hängen wie Trauerweiden – davon gab es viele in diesem zu Ende gehenden Jahr, in diesem Land, das von Krise zu Krise zu taumeln scheint. In dem der Ausnahmezustand zum Dauerzustand wird. Die Krisen von gestern oder vorgestern sind noch längst nicht bewältigt, schon drängen neue auf die Tagesordnung. Oder sie kündigen sich für morgen an. Wie da den Mut nicht verlieren?

Wie das Virus einen Körper angreift, so kann eine Krise die Seele befallen. Wo Krisen sich aufschichten, wird es gefährlich. Was dann passiert, kann man gerade überall hören. Die Herzen der Menschen sind schwer, die Münder gehen über. Seufzer, Raunzer – Gelassenheit wird schwierig. Balance ist ein Fremdwort. Wer hilft?

Alle blasen ins gleiche Horn. Fanfarenstöße der Unzufriedenheit. Unbill dräut an allen Ecken. Es steckt in den Zahlen, und zwischen den Zeilen ist er auch noch zu Hause, der allgegenwärtige Abgesang auf die Wirtschaft, den Westen.

Es ist, als seien immer mehr Menschen in diesem Land gerade dabei, den Glauben an die Zukunft aufzugeben. Dann aber wäre unsere Seele schon ernsthaft erkrankt. Schlimm wäre das. Denn da, wo Menschen den Glauben an ihre Zukunft aufgeben, geben sie sich selber auf. Wer nichts mehr hofft, nichts mehr erwartet, nichts mehr erreichen will, wird arm, eng und kalt.

Dieses Land hat alle Chancen

Alles ist schlecht, nichts wird besser? Es liegt auch an uns selbst, der Hoffnung eine Chance zu geben. Denn dieses Land hat alle Chancen. Die drittstärkste Volkswirtschaft der Welt, die stärkste in Europa. Eine Mittelmacht, an der sich viele orientieren. Und die Rente ist sicher! Ist es nicht so, dass Deutschland immer wieder neu, unter welchem Kanzler auch immer, eine wundersame, großartige Geschichte erzählt? Und das mit der Geschichte!

Die Geschichte, die vor uns allen liegt, an der wir alle mitwirken können, die jede und jeder erzählen kann, kann die Geschichte von einem Leben mit weitem Horizont sein. Wir müssen es nur wollen. Eine, in der wir uns etwas vornehmen können. Diese Zeit wartet nur darauf.

Vielleicht ist das der wichtigste Vorsatz auf dem Weg ins Neue, in neue Jahr: dass wir uns weite Wege und langen Atem zutrauen; dass wir die uns zugedachten Rollen beherzt annehmen; dass wir uns nicht mehr fürchten als unbedingt nötig.

Das alles ist nötig, damit wir den Zukunftsplänen und unserem Glück eine Chance geben. Damit wir einen weiten Horizont zurückgewinnen und eine gesunde Seele.

Politik kann das Leben verbessern

Genau hier findet sich die vornehmste Aufgabe für die Politik und in ihr für die Menschen, die das Leben der anderen nicht nur begleiten, sondern es verändern, ja verbessern können. Hier diese Verantwortung zu erkennen hieße, das Schlimmste nicht zuzulassen und das Beste zu wollen. Hieße, sich dem angemessen auch in diesem Wahlkampf zu zeigen.

Wahlkampf ist doch nicht bloß Kampf, ist nicht vor allem Beschimpfung oder Beleidigung oder schiere Konkurrenz um Macht. Er ist in unserer Demokratie stolzer Wettbewerb um das, was die Zukunft am besten bringen soll.

So gesehen kann Wahlkampf auch Mut machen. Er kann inspirieren, die Gemüter aufhellen mit der Idee von einem noch besseren Deutschland als dem, das in seiner helldunklen Geschichte nun wahrlich nicht das schlechteste ist.

Tage hängen wie Trauerweiden? Ach was. Die Weide hat eine lange, in der Spiritualität verwurzelte Geschichte. Sie wird oft als Symbol für Kummer und Trauer gesehen – steht aber auch für Optimismus, für Wiedergeburt und Vitalität. Wenn das die Tage nicht lichter macht! Die Jugend des Herzens ist doch immer noch da, die Freude am Morgen, wir holen sie uns zurück. Spätestens im Februar.

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