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Politik: Am falschen Platz

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Es heißt, das erste Opfer des Krieges sei immer die Wahrheit. Auch jetzt ist dieses Phänomen wieder zu beobachten – obwohl es im Irak noch gar nicht wirklich losgegangen ist.

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Es heißt, das erste Opfer des Krieges sei immer die Wahrheit. Auch jetzt ist dieses Phänomen wieder zu beobachten – obwohl es im Irak noch gar nicht wirklich losgegangen ist. Es ist wichtig, die verbreiteten Lügen zurechtzurücken und jemanden zu rehabilitieren, dem großes Unrecht wiederfahren ist: den Marktplatz von Goslar. Seit Wochen muss er nun schon herhalten als Sinnbild für die außenpolitischen Chaostage, für die „Provinzdiplomatie Gerhard Schröders“, die den Möchtegern-Kanzler Edmund Stoiber schon an die Fehler von Wilhelm II. erinnert. In fast jedem Leitartikel taucht dieser Marktplatz von Goslar auf, erst diese Woche auch im Kommentar der Tagesthemen. Dort, auf dem Marktplatz, habe der Kanzler sich festgelegt, „einer den Krieg legitimierenden Resolution“ nicht zuzustimmen. Das gehöre sich nicht, klagen die Meinungsgroßhirsche.

Wer sich so weit aus dem Fenster lehnt, sollte wenigstens gut recherchiert haben. Denn Schröder hatte an jenem 21. Januar mit seinem Kumpel Sigmar Gabriel zwar ein Glas Wein im „Historischen Cafe am Markt“ eingenommen. Den historischen Satz aber sprach er wenig später im voll besetzen Odeon-Theater, einem schmucklosen Bau, fünf Minuten vom viel zitierten Marktplatz entfernt. Sollte der irakische Revolutionsrat dem deutschen Kanzler also eines Tages ein Denkmal setzen, dann bitte in der Bismarckstraße 1, vor dem Theater. Auf dem Marktplatz nämlich befindet sich schon ein stolzes Wahrzeichen der Stadt: der Reichsadler, der prunkvoll den romanischen Brunnen auf der Mitte des Platzes ziert. Der ist übrigens 700 Jahre alt und hat schon ganz andere Krisen überstanden als die aktuelle Rufmord-Kampagne.

Markus Feldenkirchen

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