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Staatsmännisch und erfolgreich: Der früherer Mathematik-Lehrer Klaus Johannis ist in Sibiu (Hermannstadt) geboren und war dort lange Bürgermeister.

© Eric Lalmand/Imago

Präsidentschaftswahlen in Rumänien: Amtsinhaber Klaus Johannis gilt als Garant der Stabilität

2014 wurde Klaus Johannis als Außenseiter zu Rumäniens Staatschef gewählt. Nun zieht der Amtsinhaber als haushoher Favorit in die Präsidentschaftswahlen.

Scheinwerfer lassen Europasterne über die Wände der Olimpia-Halle in Temeswar (Timisoara) wandern. Mehr als 3000 aus Westrumänien herbei gefahrene Anhänger der nationalliberalen PNL harren auf den vollbesetzten Rängen in gelb-blauen T- Shirts, Blusen und Krawatten der Ankunft ihres Hoffnungsträgers: Ein „normales Rumänien“ fordern ihre Plakate mit dem Antlitz von Präsident Klaus Johannis.

Vor fünf Jahren wurde Klaus Johannis als krasser Außenseiter zum Staatschef gekürt. Nun zieht der deutschstämmige Amtsinhaber als haushoher Favorit in die Präsidentschaftswahl am heutigen Sonntag: Auf Rumäniens rutschigem Politikparkett hat sich der standfeste 60-jährige als Garant der Stabilität profiliert.

Eine getragene Hymne kündigt in der stickigen Halle den Erlöser aller Wartequalen an. Die „Ioannis“-Sprechchöre steigern sich immer mehr, als sich der auf unzähligen Selfies verewigte Kandidat händeschüttelnd und mit einem Dauerlächeln seinen Weg zum Rednerpult bahnt.

„Der Krieg ist noch nicht vorbei“, warnt Johannis sein Publikum davor, die mit der Installierung einer PNL- Minderheitsregierung zu Wochenbeginn vorläufig von den Schalthebeln der Macht verdrängten Sozialdemokraten (PSD) zu unterschätzen. Nach den Präsidentschaftswahlen stünden im nächsten Jahr auch noch Kommunal- und Parlamentswahlen bevor: „Wir müssen alle Wahlen gewinnen. Nur so können wir Rumänien wiederaufbauen.“

Zumindest über den Ausgang der Präsidentschaftskür hegen die Wahlforscher keinerlei Zweifel. Umfragen sagen Johannis mit 45 Prozent einen Vorsprung von 30 Prozent auf seine chancenlosen Rivalen voraus. Neben der per Misstrauensvotum aus dem Premieramt gezwungenen PSD-Chefin Viorica Dancila rechnen sich der Chef der Antikorruptionspartei USR Dan Barna sowie der von dem PSD-Ableger Pro Romania unterstützten Schauspieler Mircea Diaconu Chancen auf den Einzug in die Stichwahl gegen den Platzhirsch aus.

Johannis sei in einer Zeit der ständigen Regierungswechsel das „Symbol der Stabilität“ im Karpatenstaat, erklärt der Bukarester Analyst Cristian Pirvulescu die Popularität des langjährigen Bürgermeisters von Sibiu (Hermannstadt), dessen Umfragewerte die seiner vor wenigen Jahren mit der PSD noch eng verbandelten PNL weit übertreffen: „Wir hatten in fünf Jahren sechs Regierungen. Aber der Staat wurde nur durch eine Person repräsentiert – Johannis. Sein Wort, seine Meinung wurde gehört – auch wenn er keine echte Macht hatte und von der PSD pausenlos in Frage gestellt wurde.“

Tatsächlich sollte sich der Staatschef beim Tauziehen um die von der PDS anvisierten Regierungskontrolle über die Justiz als prinzipienfester Verteidiger des Rechtsstaats erweisen. Den verfassungsrechtlichen Begrenzungen seines Amts blieb sich der hochgewachsene Landesvater im Gegensatz zu seinem Vorgänger Traian Basescu allerdings stets bewusst. Mit diplomatischem Geschick vermied es Johannis, eine Suspendierung oder die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahren durch die regierende PSD zu provozieren.

Weltweit sind mehr als 800 Wahllokale im Ausland eingerichtet worden

Die PSD wirft Johannis seine angeblich zu große Einmischung ins politische Alltagsgeschäft vor. Manche Oppositionspolitiker klagen wiederum, dass der spröde Pragmatiker sich zu zögerlich der von der PSD versuchten Aushebelung der Gewaltenteilung entgegengestellt habe – ein Vorwurf, den Analyst Pirvulescu für unberechtigt hält: „Wenn Johannis offensiver gegenüber der PSD aufgetreten wäre, hätte diese alle Möglichkeiten gehabt, ihn suspendieren zu lassen.“

Als erster Präsident in der jüngeren Geschichte Rumäniens habe Johannis fast die gesamte Amtszeit „ohne eine Regierung seiner eigenen Wahl“ amtiert: „Bei uns ist der Präsident nur stark, wenn er die Unterstützung des Parlaments genießt – und dass war bei Johannis nicht der Fall.“ Deshalb habe Johannis ein „sehr schweres Mandat“ gehabt, aber trotzdem sei es ihm gelungen, die „Autorität des Präsidentenamts wiederherzustellen“, so Pirvulescu.

Vor fünf Jahren seien es die Stimmen gegen den damaligen PSD-Kandidaten gewesen, die ihm zum überraschenden Wahltriumph verhalfen: „Nun sind es die Stimmen für ihn und seine eigene Politik, die Johannis den Sieg sichern werden.“

Wegen der strengen Auflagen zur Begrenzung der Wahlkampfausgaben wogt der Stimmenstreit fast ausschließlich in den Medien: Die in Westeuropa übliche Materialschlacht ist im Karpatenstast schon seit Jahren auf ein Minimum beschränkt. Aus Sorge, dass seine Anhänger in Erwartung seines sicheren Sieges zuhause bleiben könnten, hat Johannis an seine Landsleute appellieren lassen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.

Scheint das Wählerinteresse an dem Urnengang wegen des vorhersehbaren Ausgangs eher begrenzt, stößt er bei Rumäniens Diaspora auf reges Interesse. Wegen der großen Zahl rumänischer Emigranten sind weltweit mehr als 800 Wahllokale im Ausland eingerichtet worden: Bei den Präsidentschaftswahlen 2014 hatten stundenlange Wartezeiten vor den Auslandswahllokalen beim ersten Wahlgang auch in der Heimat für eine Welle der Empörung gesorgt und für eine wesentlich höhere Wahlbeteiligung an der Stichwahl gesorgt – von der damals vor allem Johannis zu profitieren wusste. Bis 20 Uhr MEZ können die Stimmen abgegeben werden. Mit der Bekanntgabe erster Trends und Nachwahlbefragungen ist unmittelbar nach Schließung der Wahllokale zu rechnen.

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