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Am Tatort. Unmittelbar nach den Anschlägen in Mumbai begeben sich Sicherheitsexperten auf Spurensuche. Foto: Sujit Jaiswal/AFP

© AFP

Politik: Angriff auf das Herz Indiens

Der Terror kehrt nach Mumbai zurück – Täter wollen offenbar Erinnerungen an Anschläge 2008 wecken

Eine offenbar koordinierte Anschlagsserie hat am Mittwochabend die indische Finanz- und Filmmetropole Mumbai erschüttert. Nach ersten Angaben starben 21 Menschen, mindestens 130 wurden verletzt. Die Täter wollten offenbar gezielt Erinnerungen an die dreitägige Terrorattacke auf Mumbai Ende November 2008 wecken, die das ganze Land schwer traumatisiert und Indien und Pakistan an den Rand eines Krieges gebracht hatte. Nach Medienberichten ereigneten sich die Anschläge am Geburtstag von Mohammad Ajmal Amir Qasab, dem einzigen überlebenden Terroristen der Attacke von 2008, der in Mumbai im Gefängnis sitzt. Eine Bestätigung dafür gab es nicht. Im Gegenteil berichtete die BBC, dass Qasabs Geburtstag laut Gerichtsakten erst im September sei.

Die Bomben gingen im dichtesten Berufsverkehr beinahe zeitgleich zwischen 18 Uhr 50 und 19 Uhr 05 an besonders belebten Plätzen hoch. Tatorte waren der berühmte Juwelen-Basar Zaweri, das Geschäfts- und Gemeindezentrum Opera House sowie das Viertel Dadar in der Innenstadt. Laut Fernsehberichten hatten die Täter ihre offenbar selbstgebastelten Sprengsätze dort platziert. Nach den Explosionen herrschte Chaos. Verletzte lagen blutüberströmt und schreiend am Boden. Viele mussten notdürftig in Rikschas zu Krankenhäusern transportiert werden.

Die Anschlagsserie traf in Indien auf blanke Nerven – sie war die erste in Mumbai seit dem verheerenden Angriff von Ende November 2008. In Indien wurde der Verdacht laut, dass das Blutbad auf das Konto der einheimischen Gruppe Indian Mujaheddin geht, die bereits vor einigen Jahren mit einer Serie von Anschlägen im ganzen Land Furcht und Schrecken verbreitete. Allerdings war es in den vergangenen drei Jahren still um sie geworden. Andere sahen ein Gemeinschaftswerk der Indian Mujaheddin und der in Pakistan ansässigen Terrorgruppe Lashkar-e-Taiba (LeT), die auch für die Terrorattacke von 2008 mit beinahe 200 Toten verantwortlich gemacht wird.

Dies blieben aber zunächst Spekulationen. Denkbar wären auch Hindu-Fanatiker als Täter, die ebenfalls wiederholt Anschläge verübt haben, um Spannungen zwischen Indien und Pakistan zu schüren. Dabei waren den Indian Mujaheddin teilweise auch Anschläge angekreidet worden, die sich später als Machwerk von Hindu-Fanatikern entpuppten. Der Regierungschef von Maharashtra, Prithviraj Chavan, sprach von einem Angriff auf das Herz Mumbais, auf das Herz Indiens. Es sei aber zu früh zu sagen, wer hinter dem Anschlag stecke, betonte er.

Mumbai und andere Großstädte wurde in Alarmzustand versetzt. Innenminister Palaniappan Chidambaram rief die Bürger auf, Ruhe zu bewahren. Es kursierten Gerüchte, dass auch in Delhi Sprengsätze gefunden wurden. Die entscheidende Frage ist, ob pakistanische Terrorgruppen wie die LeT in die neue Anschlagsserie verwickelt sind. Sollte es tatsächlich ernsthafte Hinweise darauf geben, könnte dies die beiden Atommächte in eine hochgefährliche Krise stürzen.

Allerdings weisen beide Anschlagsserien kaum Gemeinsamkeiten auf. Sowohl die Anschlagsorte als auch die Machart unterschieden sich erheblich. In einer professionellen Kommando-Aktion hatte 2008 eine Gruppe schwer bewaffneter LeT-Terroristen in der Millionenmetropole mehrere Orte mit hohem Symbolwert gestürmt, die besonders von Indiens Elite und Ausländern besucht werden. Die jüngste Anschlagsserie trägt dagegen eher die Handschrift von weniger professionellen Gruppen wie den Indian Mujaheddin, die ihre selbstgebastelten, mit Schrauben gefüllten Bomben an belebten Märkten und Plätzen hinterlegt hatten. Inwieweit die Indian Mujaheddin Kontakte zu professionellen Gruppen wie der LeT haben oder von Pakistan unterstützt werden, ist umstritten.

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