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Politik: Annäherung in Häppchen

Evangelische und katholische Christen streiten um das gemeinsame Abendmahl. Zum Kirchentag soll es einen Kompromiss geben

Berlin. Auf dem ersten ökumenischen Kirchentag Ende Mai in Berlin wird es Abendmahls-Gottesdienste geben, die gemeinsam und doch nicht gemeinsam von evangelischen und katholischen Christen gefeiert werden. Die gute Nachricht: Am Ende von ökumenischen Gottesdiensten wird jeweils ein Abendmahl in katholischer oder evangelischer Form angeboten. Die schlechte Nachricht: Die Abendmahlsfeiern werden von den beiden Konfessionen nicht gemeinsam begangen. Diese für Außenstehende spitzfindige Regelung hat die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg jetzt gegenüber der Evangelischen Kirchengemeinde Prenzlauer Berg-Nord durchgesetzt. Die Gemeinde hatte gemeinsam mit den „Rebellen“ der katholischen Basisinitiativen „Kirche von unten“ und „Wir sind Kirche“ gemeinsame Feiern in der Gethsemane-Kirche geplant.

Mit der jetzigen Regelung nimmt die Leitung der Landeskirche um Bischof Wolfgang Huber erklärtermaßen Rücksicht auf das sensible Verhältnis zum katholischen Partner. Die Deutsche Bischofskonferenz hatte erst kürzlich klargestellt, dass sie kein Abendmahl hinnehmen wird, bei dem Protestanten und Katholiken gleichermaßen Brot und Wein gespendet wird. Widerspenstigen Priestern drohte der Berliner Kardinal Georg Sterzinsky mit Disziplinarstrafen. Auch die jetzt vorgeschlagene Variante geht nach Einschätzung evangelischer Kirchenvertreter beim katholischen Klerus bis an die Schmerzgrenze. Die evangelische Kirche will den „schmerzlichen Graben zwischen beiden Konfessionen“ zwar überwinden, erklärte Bischof Huber, aber nicht den ökumenischen Frieden aufs Spiel setzen. Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, hatte die evangelischen Christen ermahnt, die Haltung der katholischen Kirche in der Abendmahlsfrage zu achten.

Gleichwohl sind viele Teilnehmer des Kirchentages enttäuscht, hatten sie doch von der Großveranstaltung einen wichtigen Schritt voran in der Ökumene erhofft. Als sicher gilt, dass die Mehrzahl der Gläubigen beider Konfessionen hier zu Lande die Trennung beim Abendmahl für überholt hält. Ohnehin wird sie in der Praxis längst von vielen Christen unterlaufen. Auch die meisten katholischen Priester fragen gar nicht nach der Konfession der Teilnehmer am Abendmahl. Etwas anderes ist freilich die bewusste Übertretung.

Für die evangelische Kirche ist die Einladung von Christen anderer Konfessionen zum Abendmahl normal. Die katholischen Bischöfe betonten dagegen in einem Hirtenwort zum Kirchentag, es könne kein gemeinsames Abendmahl geben, solange sich die Konfessionen in Grundüberzeugungen widersprächen. Nach katholischem Verständnis gehört zur Eucharistie etwa auch die Anerkennung des Papstes. Die Abendmahlsfeier ist die Wiederholung des letzten Abendmahls, das Jesus kurz vor seiner Gefangennahme mit den zwölf Aposteln feierte. Sie ist in nahezu allen christlichen Glaubensgemeinschaften Höhepunkt des Gottesdienstes. Zum Kirchentag vom 28. Mai bis 1. Juni unter dem Motto „Ihr sollt ein Segen sein“ werden mehr als 100 000 Teilnehmer in Berlin erwartet.

Thomas Kunze (dpa)

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