zum Hauptinhalt
Neuer Ministerpräsident von Malta: Robert Abela.

© Matthew Mirabelli/AFP

Überraschung im kleinen EU-Land: Anwalt Abela wird neuer Premier in Malta

Der Mord an der regierungskritischen Journalistin Galizia hatte Malta in eine Krise gestürzt. Der relativ unbekannte Parlamentarier Abela soll es nun richten.

Mehr als zwei Jahre nach dem Mord an der regierungskritischen Journalistin Daphne Caruana Galizia setzt Malta ein Signal für einen politischen Neuanfang: Der Rechtsanwalt Robert Abela löst den angeschlagenen Premier Joseph Muscat ab. Die Labour-Partei wählte den 42-jährigen Abgeordneten zum neuen Vorsitzenden, wie ein Parteisprecher am frühen Sonntagmorgen mitteilte.

Attentat auf Galizia brachte Vorgänger Muscat in Schwierigkeiten

In dem kleinen EU-Land ist es üblich, dass der Chef der Mehrheitsfraktion im Parlament auch die Regierung führt. Die Vereidigung des neuen Regierungschefs in Valletta wurde für diesen Montag erwartet.

Die Entscheidung der sozialdemokratischen Parteimitglieder für Abela bei der Abstimmung vom Samstag war eine Überraschung. Der Jurist ist erst seit 2017 im Parlament. Der im Ausland kaum bekannte Abela steht bei seinen Anhängern für einen klaren Neuanfang, weil er selbst noch nicht lange Teil des Machtgefüges in Valletta ist.

Abela, Sohn des maltesischen Ex-Präsidenten George Abela, galt im parteiinternen Wahlkampf eher als Außenseiter. Er hatte angekündigt, auf Kontinuität zu setzen, insbesondere vor dem Hintergrund der boomenden Wirtschaft. Gegen ihn trat Vize-Ministerpräsident Chris Fearne an. Zum Skandal um die Ermordung Galizias hatten beide im Wahlkampf nicht Stellung genommen und auch keine Kritik an Muscat geübt.

Amtsinhaber Muscat war im Zusammenhang mit dem Mordanschlag auf die Bloggerin Galizia in die Kritik geraten. Empörte Bürger warfen ihm bei Protesten unter anderem vor, Hintermänner der Tat zu decken. Mehrere Politiker aus Muscats Umfeld, darunter sein Stabschef, mussten abtreten.

Galizia war am 16. Oktober 2017 in ihrem Auto in die Luft gesprengt worden. Die damals 53-Jährige hatte über Korruption bei Regierung und Geschäftsleuten auf Malta recherchiert. Die Europäische Union hatte Druck gemacht, den Mordfall zügig aufzuklären. Das EU-Parlament kündigte Ende November an, die Rechtsstaatlichkeit in dem Mittelmeerland zu überprüfen.

Der Mord hatte weltweit für Aufsehen gesorgt. Zuletzt gab es in dem Skandal immer neue Enthüllungen. Ende November war der Geschäftsmann Jorgen Fenech formell der Beihilfe zu dem Mord an der Journalistin beschuldigt worden. Der bekannte Unternehmer war am 20. November auf seiner Jacht vor der Küste Maltas festgenommen worden, als er versuchte, von der Mittelmeerinsel zu flüchten.

Drei Männer stehen wegen des Mordes auf Malta vor Gericht

Im Polizeiverhör beschuldigte er Ermittlungskreisen zufolge Muscats langjährigen Kabinettschef Keith Schembri, den Mord in Auftrag gegeben zu haben. Die Aussagen Fenechs führten Ende November zum Rücktritt von Schembri und Tourismusminister Konrad Mizzi. Drei Männer stehen wegen des Mordes vor Gericht. Fenech muss sich wegen des Vorwurfs verantworten, Komplize gewesen zu sein.

Muscat hatte in einer emotionalen Abschiedsrede am Freitag gesagt, der Mord tue ihm "Leid". "Ich habe den höchsten Preis in diesem Fall gezahlt, der unter meiner Aufsicht aufgeklärt werden sollte." Die oppositionelle Nationalistische Partei verurteilte Muscats Rede und verwies darauf, dass Caruana Galizia den höchsten Preis gezahlt habe. Die Zeitung "Malta Today" schrieb am Samstag, der Mord und die Ermittlungen hätten einen "dauerhaften Makel bei Muscat und seiner Regierung hinterlassen".

Muscat hatte seinen Rückzug auf Malta im Dezember bekanntgegeben

Muscat (45) gratulierte Abela nach dessen Sieg. Er schrieb in der Nacht zu Sonntag bei Twitter, er "sei stolz", seinem Nachfolger das Büro des Premiers zu übergeben. Bei der Abstimmung hatte Abela sich mit rund 58 Prozent der Stimmen gegen den favorisierten Vize-Regierungschef Chris Fearne (56) durchgesetzt. Für Sonntagnachmittag war zum Abschluss der Parteiversammlung in Paola bei Valletta eine erste Ansprache des neuen Labour-Chefs angekündigt. Muscat hatte seinen Rückzug im Dezember bekanntgegeben.

Die ermordete Journalistin Daphne Caruana Galizia.

© Jon Borg/dpa

Im Zusammenhang mit dem Mordfall an der Journalistin hatte Abela Partei für Kritiker ergriffen, die das Land in einer Krise sahen. Abela hat im Wahlkampf angekündigt, sich stark im sozialen Bereich für die rund 500.000 Einwohner Maltas zu engagieren, etwa für bezahlbare Wohnungen.

Vor Bekanntgabe des Wahlergebnisses hatten Aktivistengruppen bereits Zweifel angemeldet, ob es mit Muscats Nachfolger echte Veränderungen in dem Mittelmeerstaat geben werde. "In Malta haben wir den Ruf, Piraten zu sein", sagte Manuel Delia, Mitglied der Aktivistengruppe Repubblika, der Nachrichtenagentur AFP. "Der Grund dafür ist, dass eine Gruppe Krimineller unsere Regierung übernommen hat." Ein Wandel sei dringend nötig.

Die 24-jährige Martina Darmanin gab an, sie habe regelmäßig an Demonstrationen gegen die "Mafia an der Macht" teilgenommen. "Als EU-Mitglied wollen und verdienen wir etwas besseres: Gute Regierungsführung, Rechtsstaatlichkeit." Repubblika kündigte an, dem neuen Regierungschef ein Manifest überreichen zu wollen, in dem eine "Säuberung" von Politik und Wirtschaft sowie eine Überarbeitung der Verfassung gefordert werden, um die Gewaltenteilung zu garantieren. (dpa, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false