
© dpa/Hannes P Albert
„Asylrecht nicht verhandelbar“: SPD hält Zurückweisungen an den Grenzen für unrechtmäßig
In seinen Forderungen an mögliche Koalitionspartner gab Friedrich Merz sich kompromisslos. Die Zurückweisung an den Grenzen sei rechtlich nicht machbar, so die SPD.
Stand:
Innenpolitiker der SPD halten die Vorschläge von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz für ein neues Grenzregime für nicht realisierbar und kontraproduktiv.
„Der Oppositionsführer hat mit markigen Worten große Ankündigungen gemacht, die zum Teil nicht neu und rechtlich sehr fragwürdig sind“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, der Deutschen Presse-Agentur.
Die komplette Schließung der deutschen Außengrenzen widerspräche nicht nur dem europäischen Gedanken, sondern die Bundespolizei hätte für eine solche Kontrolldichte gar nicht genügend Personal. Zudem seien die bestehenden Kontrollen bereits sehr wirksam.
Wiese warnte, nationale Alleingänge durch Ausrufen eines Notstandes, die nur unter ganz hohen Voraussetzungen infrage kämen, könnten zudem möglicherweise das Gegenteil bewirken, „nämlich, dass andere Mitgliedstaaten sich durch geltendes Recht auch nicht mehr gebunden fühlen und zum Beispiel Schutzsuchende einfach unregistriert durchleiten“. Er fügte hinzu: „Merz legt mit seinen Vorschlägen die Axt an ein geeintes Europa.“
Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht.
Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der CDU
Der CDU-Vorsitzende Merz hatte nach der Messerattacke mit zwei Todesopfern in Aschaffenburg mit einem afghanischen Verdächtigen für den Fall seiner Wahl zum Kanzler deutlich mehr Abschiebungen und an allen Grenzen ein „faktisches Einreiseverbot“ für Unberechtigte versprochen.
Merz hatte zudem betont, dass die Union nur eine Koalition mit Parteien eingehen werde, die seine Forderungen mittragen. „Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht“, sagte er. „Ich sage nur: Ich gehe keinen anderen. Wer ihn mit mir gehen will, muss sich nach diesen fünf Punkten richten. Kompromisse sind zu diesen Themen nicht mehr möglich.“
Der Nachrichtenagentur Reuters sagte Dirk Wiese am Freitag zu dem Forderungskatalog von Merz: „Reden können wir über alles, was im Einklang mit unserer Verfassung und unseren europäischen Verpflichtungen ist. Das Grundrecht auf Asyl ist für uns aber nicht verhandelbar.“
Die SPD setze weiter auf Humanität und Ordnung und die klare Durchsetzung des Rechtsstaates. „Es ist eine Lehre aus unserer Geschichte.“
Reden können wir über alles, was im Einklang mit unserer Verfassung und unseren europäischen Verpflichtungen ist. Das Grundrecht auf Asyl ist für uns aber nicht verhandelbar.
Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion
Wiese kritisierte, dass die Union Gespräche über Sicherheitsgesetze noch vor der Wahl abgelehnt habe. CDU und CSU hätten auch die nationale Umsetzung der europäischen Asylrechtsreform nicht als eilbedürftig zurückgewiesen. „Wir haben zudem bereits gesetzlich gehandelt, deshalb geht die Zahl irregulärer Migration auch zurück und die Zahl der Rückführungen steigt stetig“, sagte Wiese.
Die Merz-Vorschläge für eine sofortige Zurückweisung an den deutschen Grenzen, die massive Erhöhung der Plätze für Ausreisegewahrsam, die Forderung nach Haftbefehlen der Bundespolizei und tägliche Abschiebungen werden in einem Reuters vorliegenden Papier der SPD-Bundestagsfraktion als rechtlich nicht machbar eingestuft.
Unter anderem wird darauf verwiesen, dass die Bundesländer die Bundeszuständigkeit bei Abschiebungen abgelehnt hätten. Es wäre zudem rechtlich schwierig, ausreisepflichtige Personen nur aufgrund ihrer Ausreisepflicht in Gewahrsam und Haft zu nehmen.
Haftbefehle würden in Deutschland nie von einer Polizeibehörde beantragt. „Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den deutschen Binnengrenzen sind europarechtswidrig“, heißt es zudem. Die Union vertritt dabei eine andere Rechtsauffassung. (Reuters, dpa, kko)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: