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Nuerburgring_2009

© dpa

Nürburgring-Desaster: Aus der Kurve getragen

Ein Freizeitpark in der Eifel sollte ein Zukunftsprojekt werden – nun muss Kurt Beck ein Fiasko erklären.

Zur Eröffnungsfeier des Freizeit- und Erlebnisparks an diesem Donnerstag am Nürburgring ist großer Bahnhof angesagt: Boris Becker wird da sein, Michael Schumacher, und natürlich auch Landesvater Kurt Beck. Doch der hat wenig Grund sich zu freuen, denn das Projekt in der Eifel hat ihn in politische Bedrängnis gebracht. Dabei ist noch kein Jahr vergangen, seit der erfolgsverwöhnte Vorderpfälzer als Parteivorsitzender der SPD zurückgetreten ist.

Nun musste sein Finanzminister Ingolf Deubel den Hut nehmen. Der 59-jährige SPD-Politiker übernahm damit die politische Verantwortung für die gescheiterte private Finanzierung des Großprojekts „Nürburgring 2009“. Sein Rücktritt erschüttert das sonst so ruhige Rheinland-Pfalz. Deubel ist das erste Kabinettsmitglied, das seit dem Mainzer Machtwechsel von 1991 – damals beendete die SPD eine jahrzehntelange CDU-Herrschaft –, aus politischen Gründen gehen muss.

Schon im Jahr 2004 hatte die Nürburgring GmbH, die zu 90 Prozent dem Land Rheinland-Pfalz und zu zehn Prozent dem Landkreis Ahrweiler gehört, ihre ehrgeizigen Pläne für ein Geschäfts- und Freizeitzentrum präsentiert: zwei Hotels, ein Feriendorf, ein Casino, eine Großraumdisco, ein Kongresszentrum und ein Erlebnispark mit der schnellsten Achterbahn der Welt sollten Touristen und Unternehmen auch außerhalb der Autorennen an den Ring locken. Damit sollten weitere Millionenspritzen aus dem Landeshaushalt überflüssig werden. Denn die Formel 1 am Nürburgring ist schon seit langem ein Verlustgeschäft. Auch für die Region erhoffte man sich positive Effekte: Mehr als 500 Arbeitsplätze sollten mit dem Projekt geschaffen, ganzjährig Besucher in die sonst eher ereignisarme Eifel gelotst werden. Ein zentrales Zukunftsprojekt für das strukturschwache Land. Im November 2007 gab Deubel, da noch Aufsichtsratsvorsitzender der Nürburgring GmbH, dafür grünes Licht. 215 Millionen Euro sollte das Projekt damals kosten.

Während anfangs von Kritikern vor allem befürchtet wurde, dass dem Land mangels Besuchermassen eine Investitionsruine drohe, steht seit einigen Monaten das Finanzierungsmodell in der Kritik. Deubel hatte geplant, den Komplex mit Hilfe internationaler Investoren teilweise zu privatisieren, statt ihn allein mit Landeskrediten zu finanzieren. 50 Millionen Euro wollte er für das Land einsparen. Doch die Opposition aus CDU und FDP kritisierte das Geschäftsmodell mit internationalen Banken, einem US-Investor und im Hintergrund einem Handel mit amerikanischen Lebensversicherungen als undurchsichtig und riskant. Im Juni brachte der rheinland-pfälzische CDU- Fraktionschef Christian Baldauf schließlich einen Untersuchungsausschuss ins Gespräch. „Wenn der Finanzminister nicht endlich eine Reihe von immer noch offenen Fragen klärt, müssen wir ernsthaft an einen Untersuchungsausschuss denken“, drohte Baldauf im Mainzer Landtag. Den komplexen Millionendeal bezeichnete er als „völlig undurchsichtig“. Ihm sei unklar, wer alles dahinter stecke: „Hier zockt doch jemand!“ Deubel wies damals noch alle Vorwürfe zurück: Das Geschäftsmodell spare Geld und sei für das Land risikolos und transparent.

Wie Ministerpräsident Beck nun erklärte, ist die Privatfinanzierung gestoppt worden, weil – anders als angekündigt – bis zum heutigen Tag kein Geld von US-Investoren aus der Schweiz eingetroffen sei. Alle entsprechenden Verträge seien von der Nürburgring GmbH gekündigt worden. Auch habe man veranlasst, dass 95 Millionen Euro, die die Nürburgring GmbH auf ein Schweizer Konto überwiesen habe, um ihre Liquidität zu belegen, zurücküberwiesen würden. Die Finanzierung werde nun komplett aus Landesmitteln bestritten. Beck nannte es „in hohem Maße erklärungsbedürftig“, dass wiederholt Termine und die zugesagte Finanzierung von privaten Geschäftspartnern nicht eingehalten worden seien. Ob die rheinland-pfälzische Landesregierung bei der Kreditvermittlung womöglich auf einen Betrüger hereingefallen ist, ist laut Deubel nicht klar zu beantworten.

Mittlerweile hat sich die Staatsanwaltschaft in Koblenz eingeschaltet. Sie will mögliche Straftaten im Zusammenhang mit der geplatzten Privatfinanzierung prüfen. Dass bei der Eröffnung des Freizeitparks trotzdem eine „Riesenparty“ stattfindet, bezeichneten die rheinland-pfälzischen Grünen als „vollkommen unangemessen“. Bei der Feier würden, so schätzen die Grünen, bis zu eine halbe Million Euro verprasst. Diese „Party auf Pump“ hätte man besser abgesagt, sagte Parteisprecherin Evelyn Lemke.

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