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Verwandte trauern um die Opfer.

© dpa

Bombenanschlag in Thailand: Bangkok im Visier militanter Uiguren?

Zwei Tage nach dem Bombenanschlag in Bangkok hat die Polizei neue Erkenntnisse: Offenbar hatte der mutmaßliche Bangkok-Bomber hatte offenbar Komplizen. Wer sind die Angreifer und wer sind ihre Hintermänner?

Thailand hat ein Kopfgeld von einer Million Baht, umgerechnet 28000 Dollar, auf die Ergreifung des Bombenlegers vom Montag ausgesetzt. Nach dem blutigen Bombenanschlag von Bangkok mit 20 Toten hat die Polizei außerdem zwei weitere Tatverdächtige ins Visier genommen. Die beiden jungen Männer könnten Komplizen des Mannes sein, der am Tatort einen Rucksack deponierte und dann flüchtete, sagte Polizeisprecher Prawut Thavornsirisein am Mittwoch.

Premier Prayuth Chan-ocha wandte sich mit direkten Worten an den Gesuchten und dessen Hintermänner: Ihre eigene Sicherheit stehe auf dem Spiel. Sie könnten bei einem Polizeieinsatz ums Leben kommen oder selbst von den Leuten liquidiert werden, die sie für die Attentate angeheuert hätten, sagte Chan-ocha.

Racheakt militant-islamistischer Uiguren

Die Ermittler konnten das Verbrechen inzwischen relativ weitgehend rekonstruieren: Sie gehen davon aus, dass der Täter nicht allein operierte, sondern Teil eines Netzwerks ist. So soll ihm der für die Tat genutzte Sitzplatz im Erawan-Schrein freigehalten worden sein. Als sich der Attentäter näherte, erhob sich der mutmaßliche Komplize und machte Platz.

Inzwischen veröffentlichten Fahnder ein Phantombild des Hauptverdächtigen. Die Ermittler geben zu bedenken, der Verdächtige könne eine Perücke getragen haben. Doch der Gesuchte mit zentralasiatischen Gesichtszügen nährt Thesen, wonach der islamistische Uiguren-Widerstand der chinesischen Unruheprovinz Xinjiang hinter den Anschlägen stecken könnte. Im Juli hatte das Königreich 109 Flüchtlinge aus Xinjiang zurück nach China deportiert. Seither fehlt dort von den Männern jede Spur. Experten in Bangkok gehen deshalb jetzt von einem Racheakt militant-islamistischer Uiguren aus.

Als Tatverdächtige, so Anthony Davis, Bangkok-Analyst des internationalen Militärmagazins „IHS Jane’s“, „kommen wohl nur internationale terroristische Gruppen in Frage“. Ein Diplomat in Bangkok, der nicht mit Namen genannt werden will, erklärte deutlich: „Es könnte sehr wohl sein, dass Thailand die Deportierten auf dem Gewissen hat.“ Kurz nach dem Anschlag hatte die thailändische Regierung einen Terrorakt mit internationalem Hintergrund ausgeschlossen und von innenpolitischen Motiven gesprochen. Inzwischen will auch Premier Prayuth eine Rolle islamistisch-uigurischer Terroristen nichtmehr ausschließen. Er gibt jedoch zu bedenken, dass sich diese bisher nicht zu dem Anschlag bekannt hätten.

Chinesen sind stärkste Besuchergruppe in Thailand

Uiguren, die im fernen Nordwesten Chinas das politische, religiöse und kulturelle Diktat der chinesischen Han-Mehrheitsbevölkerung erdulden, gehören einer türkischstämmigen Ethnie an. Thailand hatte im Juli nur uigurische Männer nach China abgeschoben – Frauen und Kinder der Deportierten erhielten dagegen Asyl in der Türkei, die auch bereit war, die Männer aufzunehmen. Thailand gab jedoch dem Druck aus Peking nach und musste sich gegen harsche internationale Kritik verteidigen. China hatte die Rückführung noch dazu als makabres Spektakel inszeniert: Den mit großen Nummern versehenen „Terroristen“ wurden schwarze Henkerskappen aufgesetzt. Bilder zeigten chinesische Sicherheitskräfte, die gefesselte Uiguren aus dem Flugzeug zerrten. Der Verbleib der Deportierten und ihre Verfassung sind völlig unklar.

Es ist fraglich, ob die Uiguren über das Netzwerk und Knowhow im Ausland verfügen, um einen Anschlag wie in Bangkok durchzuführen. Die in der chinesischen Unruheprovinz Xinjiang operierende Islamistische Bewegung von Ost-Turkestan (ETIM) soll seit einigen Jahren aber Beziehungen zu Al- Kaida unterhalten. Mit dem Erawan Schrein hätten sie ein programmatisch sorgfältig ausgewähltes Ziel attackiert. Der Schrein wird gerade von chinesischen Touristen gerne besucht. Und Chinesen sind die stärkste Besuchergruppe in Thailand. Nach Reisewarnungen diverser Nationen zählen nach dem Attentat Chinesen zu den Reisenden mit den meisten Annullationen von Thailand-Buchungen.

Menschen legen Blumen nieder, zünden Kerzen an

Inzwischen ist der Erawan Schrein wieder geöffnet. Menschen legen Blumen nieder, zünden Kerzen an und gedenken der Opfer. Weder Einheimische noch Touristen scheinen sich von den Attentätern einschüchtern zu lassen, die am Dienstag mit einer weiteren Bombe der gleichen Bauart offenbar noch viele weitere Menschen in den Tod reißen wollten. Eine beim geschäftigen Schiffspier Saphan Taksin auf eine Brücke geworfene Bombe prallte am Geländer ab und explodierte ohne größere Schäden anzurichten im Chao Phraya Fluss. Die Polizei vermutet, der Attentäter habe beim Anblick eines Militärcheckpoints die Nerven verloren und die Bombe, ohne weiter einen Plan zu verfolgen, einfach weggeworfen.

Daniel Kestenholz

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