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Ein junger Demonstrant klettert in Nähe des Kairoer Tahrirplatzes auf ein Bollwerk: Zum zweiten Jahrestag der Revolution kommt es zu Ausschreitungen gegen die Mursi-Regierung

© Reuters

Update

Jahrestag der ägyptischen Revolution: Bereits 100 Verletzte nach Zusammenstößen

Zum zweiten Jahrestag der Revolution in Ägypten liefern sich Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei. Sie protestieren gegen die Machtübernahme der Muslimbrüder. Vor dem Präsidentenpalast tobt ein besonders harter Kampf.

Das Innenministerium berichtete am Freitagabend von fast 100 Verletzten nach Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten in Kairo, Alexandria, Suez und Ismailia. Vor dem Präsidentenpalast in der Hauptstadt setzte die Polizei einem TV-Sender zufolge Tränengas gegen Demonstranten ein, die versuchten, auf das Gelände zu gelangen. Bereits seit Donnerstagabend protestieren Hunderte auf dem Tahrirplatz, wo vor zwei Jahren die Revolution in Ägypten begann. Mittlerweile sollen sich Tausende auf dem Tahrirplatz befinden. Die Opposition hatte nun anlässlich des zweiten Jahrestags zu landesweiten Protesten gegen den heutigen Präsidenten Muhammed Mursi und die Muslimbrüder aufgerufen. Sie fordern auf Sprechchören "echte Demokratie" und "eine neue Revolution".

Vor allem in Kairo sowie in Alexandria, Suez, Ismailiya und Port Said versammelten sich die Demonstranten. Die Sicherheitskräfte setzten am Freitag Tränengas gegen Hunderte Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo ein. Diese schleuderten Brandsätze und Feuerwerkskörper auf die Einsatzkräfte und versuchten, eine zum Schutz von Regierungsgebäuden errichtete Absperrung zu durchbrechen. Bei den seit Donnerstag anhaltenden Protesten wurden nach Angaben der Regierung 25 Menschen verletzt. Es wurde befürchtet, dass es im Laufe des Tages zu weiteren Ausschreitungen kommen würde. Ein AFP-Korrespondent berichtete, ein Parteibüro der "Partei für Freiheit und Gerechtigkeit" der Muslimbrüder sei von Protestlern in Brand gesteckt worden. Der Korrespondent habe schwarzen Rauch aus dem Gebäude in der nordägyptischen Stadt Ismailiya aufsteigen sehen. Von Seiten der Muslimbrüder oder der oppositionellen Gruppen gibt es noch keine Bestätigung.

Stattdessen strömen auch am Abend weiterhin Menschen auf den Tahrirplatz - und folgen so den Aufrufen der Opposition auf Twitter. “Die Revolution geht weiter“, sagte der linke Oppositionspolitiker Hamdin Sabahi der Agentur Reuters auf seinem Weg zum Tahrir-Platz. “Wir weisen die Beherrschung des Staats durch eine Partei zurück. Wir sagen Nein zum Bruderschafts-Staat.“ Auch Friedensnobelpreisträger Muhammad Baradei mischte sich unter die Demonstranten. Mursi und die Muslimbrüder haben die Kritik zurückgewiesen. Sie sehen sich durch ihren Wahlsieg bestätigt und werfen ihren Gegnern vor, die demokratischen Spielregeln nicht zu respektieren und wichtige Reformen zu erschweren.

“Die Meinungsverschiedenheiten, die Ägypten gerade durchmacht, sind ein zentrales Kennzeichen des Übergangs von einer Diktatur zur Demokratie“, schrieb der Anführer der Bruderschaft, Mohammed Badie, am Freitag in der staatlichen Zeitung “Al-Ahram“. “Sie zeigen deutlich die Vielfalt der ägyptischen Kultur.“ Die Muslimbrüder hatten unter Hinweis auf drohende Gewalt auf einen Aufruf zu einer Gegendemonstration verzichtet. Sie begingen den Jahrestag des Beginns der Revolution mit einer landesweiten Wohltätigkeitskampagne: Etwa eine Millionen Ägypter sollen dabei Medikamente und Grundnahrungsmittel erhalten.

Während der Revolution vor zwei Jahren war der Tahrir-Platz zentraler Schauplatz des Aufstandes gegen Machthaber Husni Mubarak. Am Freitag versammelten sich hier Kritiker des neuen Präsidenten und Mitglied der Muslimbruderschaft Muhammed Mursi. Sie werfen ihm vor, die Ziele der Revolution von 2011 verraten zu haben und zusammen mit den Muslimbrüdern Ägypten auf Kosten der säkularen Kräfte im Land dominieren zu wollen. Besonderer Streitpunkt ist die Verfassung, die im vergangenen Monat verabschiedet wurde und den Kritikern zufolge die Demokratie schwächt.

(mit AFP)

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