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US-Präsident Barack Obama holte Paul A. Volcker, um die Banken zu regulieren.

© imago images/UPI Photo

Zum Tod des Ex-Fed-Chefs Paul A. Volcker: Bezwinger der Inflation

Er läutete eine neue Ära ein, der Sieg über die Inflation war sein Werk. Paul A. Volcker griff durch, stärker als es allen lieb war. Ein Nachruf.

Von Andreas Oswald

Damals lag die Inflation bei einem Prozent – im Monat. Heute können es sich viele Menschen kaum noch vorstellen, dass es eine Zeit gab, in der die Inflation galoppierte. Das war Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Damals war der Demokrat Jimmy Carter Präsident der Vereinigten Staaten.

Entgegen des großen Drucks von Ökonomen, Wirtschaft und Öffentlichkeit beschloss er, die Inflation zu beenden und beauftragte damit einen stillen wie entschlossenen Mann mit dieser Aufgabe. Paul A. Volcker wurde 1979 Chef des Federal Reserve Systems, der Fed, wie die US-Notenbank abgekürzt heißt.

Der hoch aufgeschossene Mann, der Berichten zufolge billige Zigarren rauchte, schlecht sitzende Anzüge trug und ziemlich stur sein konnte, griff gnadenlos durch. Ihm war klar, dass es einen Paukenschlag brauchte, um die Gesellschaft davon zu überzeugen, dass es die Fed ernst meinte. Zu sehr hatten sich alle daran gewöhnt, dass immer mehr Geld gedruckt wurde und jeder schnell sein Geld ausgeben musste, damit es nicht an Wert verliert.

Der Paukenschlag wäre beinahe schon bei der Ankündigung in die Hose gegangen. Wie die „New York Times“ berichtet, weilte der Papst in Washington, als Volcker vor die Presse treten wollte. Der Fernsehsender CBS sagte, er habe alle Kameraleute beim Papst, Volckers Ankündigung werde leider nicht übertragen.

Volckers Sprecher sagte der CBS: „Lange, wenn der Papst weg ist, werden Sie sich noch an Volckers Rede erinnern.“ Die Kameras schwenkten zu Volcker.

Und so war es schließlich: Volcker erklärte der Inflation den Krieg. Er werde sie nicht nur mit Leitzinserhöhungen bekämpfen, sondern direkt, indem er die Versorgung der Wirtschaft mit Geld einschränke. Wenn Geld knapp würde, so war sein Kalkül, dann werde der Markt den Preis für das Geld, die Zinsen, steigern.

21 Prozent Zinsen

Die Zinsen stiegen stärker, als Volcker wollte. Vor allem stärker, als Jimmy Carter es wollte. Am Tag seiner geplanten Wiederwahl im Jahr 1980 lagen die Zinsen, die Banken von ihren Kunden verlangten, bei über 21 Prozent. Das war einer der Gründe, warum Carter nicht wiedergewählt wurde.

Die Wähler machten Ronald Reagan, den rechten Republikaner, zum neuen Präsidenten. Der behielt Volcker im Amt, verlängerte gar dessen Mandat um eine weitere Amtszeit.

Die Folgen der Zinserhöhungen waren immens. Bis 1982 stieg die Arbeitslosigkeit in den USA auf über zehn Prozent.

Aber die Inflation wurde besiegt. Bis heute. Volcker leitete eine neue Ära ein, eine inflationsfreie, in der die gegenteilige Gefahr droht: die Deflation.

Volcker überwarf sich mit Reagan, weil er dessen ausufernden Staatsschulden ablehnte und war nicht bereit, eine dritte Amtszeit zu übernehmen.

Es musste eine neue Krise kommen, die Volcker zurück nach Washington brachte, die große Finanzkrise 2008. Der neu gewählte Präsident Barack Obama holte ihn und beauftragte ihn damit, Regeln aufzustellen, die die Banken künftig disziplinieren sollten. Als sein Werk Gesetz wurde, war es stark verwässert worden und wurde seither immer mehr dereguliert. Dennoch sind die US-Banken heute immer noch deutlich sicherer und besser aufgestellt als vor der Finanzkrise.

Paul A. Volcker starb am Wochenende im Alter von 92 Jahren. Jimmy Carter sagte am Montag: "Paul war so starrköpfig wie hochgewachsen. Und obwohl einige seiner Entscheidungen als Fed-Chef hohe politische Kosten hatten, waren sie richtig."

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