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Seit 2002 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr sittenwidrig.

© dpa

Sexarbeit: BGH verurteilt Zuhälter erstmals wegen Scheinselbständigkeit der Prostituierten

Der Bundesgerichtshof hat Bordellbetreiber verurteilt, weil sie weder Lohnsteuer, noch Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge für Sexarbeiterinnen abgeführt hatten. Das Urteil könnte zu verstärkten Polizeikontrollen führen.

Ein Zuhälterpaar ist erstmals vom Bundesgerichtshof (BGH) rechtskräftig verurteilt worden, weil es Prostituierte als Scheinselbständige beschäftigte und weder Lohnsteuer, noch Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge für sie abführte. Damit können Zuhälter ebenso wegen Steuerhinterziehung belangt werden wie Bauunternehmer, wenn Schwarzarbeit vorliegt. Das im Juli ergangene und jetzt veröffentlichte Urteil könnte zu verstärkten Kontrollen der Polizei führen.

Im jetzt entschiedenen Fall betrieb ein Mann zusammen mit seiner Lebensgefährtin zwei Bordelle im nordrhein-westfälischen Emmerich.  Die Prostituierten waren als Selbständige angemeldet. Folglich führte das Betreiberpaar sechs Jahre lang weder Lohnsteuer, noch Beiträge für die Kranken- und Rentenversicherung ab. Dies entspricht einer weit verbreiteten Praxis. Wenn Beschäftigte aber Arbeitszeiten, Preise und Angebot nicht selbst aushandeln können, liegt Scheinselbständigkeit vor. So sah es das Landgericht Kleve auch im Fall des Zuhälterpaares. Die Prostituierten seien Arbeitnehmerinnen gewesen, insgesamt sei ein Vermögensschaden von vier Millionen Euro entstanden.

Der Angeklagte hatte zwei Frauen sogar mit Gewalt zur Prostitution gezwungen. Das brachte ihm zusätzlich zur Steuerhinterziehung eine Verurteilung wegen Menschenhandels zu insgesamt fünf Jahren und neun Monaten ein. Seine Partnerin wurde von der Wirtschaftsstrafkammer wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Die beiden Angeklagten legten Revision ein, womit solch ein Fall erstmals zum BGH kam. Der bestätigte das Urteil im Beschlussverfahren und ohne mündliche Verhandlung. (Aktenzeichen: Bundesgerichtshof 1 StR 53/14) Das zeigt, dass der BGH keinerlei rechtliche Zweifel hatte.

Koalition will Prostitutionsgesetz verschärfen

Das Urteil fällt mitten in der Debatte um eine Verschärfung des deutschen Prostitutionsgesetzes. Seit 2002 ist Prostitution in Deutschland nicht mehr sittenwidrig, sondern eine reguläre Dienstleistung. Wer Prostituierte beschäftigt, muss sie wie andere Angestellte kranken- und rentenversichern. Die von der damaligen rot-grünen Regierung beabsichtigte Besserstellung der Sexarbeiterinnen blieb aber aus. Die wenigsten Prostituierten sind sozialversichert, sondern in Bordellen als Selbständige angemeldet. Auf der anderen Seite bieten Betreiber zunehmend Flatrates an, sodass die Preise gerade nicht von den Frauen frei vereinbart werden können. Die Bundesregierung hat nun im August Verschärfungen angekündigt: Flatrates sollen im Bezahlsex verboten werden, Bordellbetreiber wieder eine Erlaubnis benötigen.

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