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Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina: Christian Schmidt.

© Imago/Pixsell

Update

„Unsinn, völliger Unsinn. Ich habe genug davon“: Bosnien-Repräsentant und Ex-CSU-Minister Schmidt schreit Journalisten an

Der Bosnien-Beauftragten der UN gerät auf einer Pressekonferenz in Rage. Grund ist das schwelende Thema einer Wahlrechtsreform in Bosnien-Herzegowina.

Der Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina, Christian Schmidt (CSU), hat bei einem Besuch in dem Land mit einem Wutausbruch Aufsehen erregt. In der Kleinstadt Gorazde polterte der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister am Mittwoch vor Journalisten in englischer Sprache: „Rubbish, full rubish. I am rid of this.“ (in etwa: „Unsinn, völliger Unsinn. Ich habe genug davon.“)

Der 64-Jährige fuhr fort: „Ich habe diese Situation satt. Jeder gibt jedem die Schuld. Freunde, so kommt man nicht nach Europa!“ Aufnahmen des Auftritts machten im Internet die Runde. Die Journalisten mögen zwar ihre Fragen stellen – „aber bitte nehmen Sie hin, wie ich entscheide“.

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Schmidt reagierte auf die Frage einer Journalistin, ob er bereit sei, Änderungen des Wahlgesetzes durchzusetzen, da es keine politische Einigung gebe. Schmidt sagte dazu in eher undiplomatischem Ton: „Die Leute hier verdienen es, dass die Politiker, die sie gewählt haben, arbeiten und sich nicht nur beschweren! Das ist das Kernproblem!“ Dann machte Schmidt noch mit einer Geste deutlich, dass es ihm „bis hier“ stehe, Angriffen ausgesetzt zu sein, die absolut falsch seien.

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Christian Schmidt verfügt über weitreichende Vollmachten

Anfang Oktober findet in Bosnien-Herzegowina die nächste Parlamentswahl statt. Der langjährige CSU-Bundestagsabgeordnete ist seit gut einem Jahr internationaler Repräsentant in der Hauptstadt Sarajevo. Zu seinen Aufgaben gehört die Umsetzung des Dayton-Abkommens von 1995, das den Krieg beendet hatte, durch den sich Bosnien-Herzegowina vom damaligen Jugoslawien abgespalten hatte.

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Als Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina verfügt Schmidt über weitreichende Vollmachten. So kann er beispielsweise Gesetze er- oder bestimmte Personen aus staatlichen Ämtern entlassen.

Heftige Proteste gegen Christian Schmidt in Bosnien-Herzegowina

Zuletzt hatte es in Bosnien-Herzegowina massive Proteste gegen Schmidt gegeben, als ein Dokument auftauchte, das angeblich vorbereitete Entscheidungen über einige Änderungen im Wahlgesetz enthalten sollte.

Dabei ging das Gerücht um, Schmidt könne eine Drei-Prozent-Klausel einführen. Aufgrund der demografischen Verteilung in einigen Kantonen, in denen vor allem Kroaten leben, hätte eine solche Regelung insbesondere den bosniakischen Teil der Bevölkerung womöglich benachteiligt.

Dementsprechend heftig fielen die Proteste im Land aus, in dem die Bosniaken insgesamt die Mehrheit stellen. Sie warfen Schmidt vor, die ethnische Spaltung des Landes vorantreiben zu wollen.

Am Ende enthielt die Reform vorerst nur einige technische Änderungen, die helfen sollen, die Parlamentswahl in Bosnien-Herzegowina im Oktober besser durchzuführen.

Christian Schmidt weist Vorwürfe zurück

Im Gespräch mit der „Deutschen Welle“ wies Schmidt die an ihn gerichteten Vorwürfe zurück: „Manche Menschen hatten den Eindruck, man würde damit nur diejenigen belohnen, die in einem Gebiet mit vielen ethnischen Landsleuten leben, etwa Kroaten bei Kroaten. Darum ging es aber überhaupt nicht. Und vor allem, es darf auf keinen Fall der Eindruck erweckt werden, man wolle eine Aufteilung von Bosnien und Herzegowina in unterschiedliche Volksregionen vollziehen. Nein, um Gottes Willen! Ich bin ja gerade dazu da, dass ich das verhindere, ich bin dazu da, die sogenannte territoriale Integrität aufrechtzuerhalten.“

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Kritik an Schmidts Entgleisung kommt aus der SPD. „Die Reaktion des Hohen Repräsentanten ist absolut unangemessen. Es schadet dem Ansehen und der Wirkungskraft des Amtes“, sagt Adis Ahmetovic, SPD-Bundestagsabgeordneter und Berichterstatter seiner Fraktion für den Westbalkan, dem Magazin „Spiegel“.

Experten stoßen sich am Amt des Hohen Repräsentanten

„Wir brauchen in den aktuell herausfordernden Zeiten, wo auch im Westbalkan der russische Einfluss und damit Destabilisierungsversuche immer größer werden, ein starkes Amt des Hohen Repräsentanten.“

Und auch am Amt des Hohen Repräsentanten selbst stoßen sich manche Experten. „'Demokratisierung' durch Beschimpfen ungenannter gewählter „Politiker“ in Bosnien-Herzegowina ? Durch nicht-gewählten Beamten mit der absurden Macht Gesetze per Dekret zu er- & Politiker zu entlassen. Dieses Amt ist eine Farce. Wie lange geht das noch so weiter?“, schreibt der renommierte Integrationsexperte Gerald Knaus auf „Twitter“.

Schmidt verteidigt seinen Wutausbruch

Gegenüber dem „Spiegel“ verteidigte Schmidt sein Verhalten. Dafür habe er „überwältigenden Zuspruch von Bürgerinnen und Bürgern“ bekommen, sagte der CSU-Politiker.
 „Mir ist in der Tat der Kragen geplatzt, weil ich mich doch schon sehr wundere, dass es von vielen in der Politik hingenommen wird, dass etwa in der Föderation von Bosnien-Herzegowina seit vier Jahren keine Regierung ernannt worden ist und manche das so einfach hinnehmen“, sagte Schmidt. „Dies habe ich zu kritisieren, gestern habe ich das überdeutlich gemacht.“ Tsp/dpa

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