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Anhänger des brasilianischen Ex-Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva demonstrieren für dessen Freilassung.

© REUTERS/Geraldo Bubniak

Juristenstreit um Freilassung: Brasiliens Ex-Präsident Lula bleibt in Haft

Fast wäre die Freilassung Lulas gelungen: Seine Anhänger haben den Wochenenddienst eines wohlgesonnenen Richters abgepasst und stellten Antrag auf vorläufige Entlassung.

Ein bizarrer Justizstreit hat sein vorläufiges Ende gefunden. Der brasilianische Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bleibt in Haft. Fast wäre ein Befreiungsplan von Lulas linker Arbeiterpartei allerdings aufgegangen: Mehrere Abgeordnete hatten am Freitagabend einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, als der Bereitschaftsdienst des der Partei wohlgesonnenen Richters Favreto begann. Der gab dem Antrag statt und ordnete die sofortige Freilassung an. Es gebe keine rechtliche Grundlage für seine Inhaftierung und Lula könne das Berufungsverfahren gegen sein Urteil in Freiheit abwarten, hieß es in seiner Entscheidung. Lulas Anhänger feierten bereits ihren Sieg.

Doch dann folgte ein juristischer Schlagabtausch: Zunächst meldete sich Sergio Moro zu Wort, jener Strafrichter am Bundesgericht in Curitiba, der Lula verurteilt hatte. Das Gericht in Porto Alegre verfüge nicht über die notwendige Kompetenz, um die Haftstrafe gegen den Ex-Präsidenten auszusetzen, erklärte er.

Der für den Prozess zuständige Richter João Gebran Neto kassierte daraufhin die Entlassung von Brasiliens prominentestem Häftling umgehend. Die Polizei solle Lula nicht auf freien Fuß setzen, bis er den Fall geprüft habe, entschied der Jurist. Favreto verfasste eine weitere Entscheidung und befahl der Polizei, Lula binnen einer Stunde frei zu lassen.

Da wurde es Gerichtspräsident Flores zu bunt. Er trennte die Streithähne in Roben und entschied, dass die Kompetenz beim zuständigen Richter Gebran liege. Lula bleibt zunächst also hinter Gittern. Abgeordnete seiner Arbeiterpartei sprachen daraufhin von „Freiheitsberaubung“. Die Gruppe Anwälte für die Demokratie stellte Strafanzeige gegen Richter Moro.

Der Machtkampf der Richter hat entscheidenden Einfluss auf die politische Zukunft der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas. Lula will bei der Wahl im Oktober erneut für das höchste Staatsamt kandidieren. In den Umfragen liegt er deutlich vorn. Auf dem zweiten Platz folgt der ultrarechte Ex-Militär Jair Bolsonaro. Der „Trump Brasiliens“ verherrlicht die Militärdiktatur von 1964 bis 1985 und hetzt gegen Homosexuelle.

In der Zelle in Curitiba hielt sich die Enttäuschung in Grenzen. Lula selbst hatte offenbar ohnehin nicht an seine Freilassung geglaubt. „Er hat gelächelt, wie er immer lächelt. Aber er hat nicht geglaubt, dass sie ihn freilassen“, sagte der Abgeordnete Wadih Damous, der am Sonntag bei ihm war. „Er hat gefragt: Glaubt ihr wirklich, sie lassen mich so einfach gehen?“

Lula verbüßt seit Anfang April eine zwölfjährige Freiheitsstrafe wegen Korruption. Er soll von einem Bauunternehmen die Renovierung eines Luxus-Appartements angenommen haben. Lula weist die Vorwürfe zurück. Er sieht sich als Opfer einer Verschwörung rechter Politiker, der Justiz und der Medien und bezeichnet sich selbst als politischen Gefangenen. (dpa)

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