Politik: Britische Politiker wetteifern um den Klimaschutz
Labour setzt auf Einsicht und Vernunft, die Konservativen dagegen fordern Strafsteuern
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Seit seiner Amtsübernahme vor 18 Monaten treibt der konservative Parteichef David Cameron die britische Labour-Regierung in der Umweltpolitik vor sich her. Er setzte sich mit einer Arktisreise als Umweltpolitiker in Szene, hat eine Windturbine auf dem Dach und fährt gelegentlich mit dem Fahrrad ins Parlament. Sein Gegenspieler Gordon Brown, der im Sommer Tony Blairs als Premier ablösen will, galt bislang als Umweltmuffel. Am Montag versuchte er mit seiner ersten großen Umweltrede sein Profil zu schärfen. Die Gastgeber des Auftritts, die Lobbygruppe „Green Alliance“, hält freilich Cameron für den radikaleren Umweltpolitiker.
Die Tories wollen den CO2-Ausstoß besteuern und so umweltfreundlicheres Verhalten fördern. Brown sucht sein Heil in einer milderen Politik des guten Zuredens – und auf der internationalen Bühne. Er fordert eine „neue Weltordnung“ für den Klimaschutz. Die UN müssten der Klimapolitik Vorrang geben. Abkommen wie die neue EU-Vereinbarung über CO2-Einsparungen seien der Weg nach vorn. Dabei habe Labour die Rolle eines Bahnbrechers gespielt. Doch Cameron sind die EU-Beschlüsse zu vage. Ankündigungen und Versprechen habe es schon oft gegeben. Die EU habe bisher nur ein Prozent der bis 2012 versprochenen acht Prozent CO2-Senkung geschafft. Cameron legte am Montag ein Fünfpunkteprogramm zum Klimaschutz vor, das eine grundsätzliche Reform des europäischen Emissionshandels fordert. Statt viel zu großzügigen Zuteilungen durch Regierungen und EU-Kommission bei einem „Feilschen in Hinterzimmern“ fordert er ein transparentes und offenes Auktionsverfahren. Dies würde im Markt einen berechenbaren, langfristigen Preis für CO2 etablieren, Investoren Klarheit geben und „die Produkte und Aktivitäten teurer machen, die einen hohen Ausstoß von Umweltgasen haben“.
Größter Zankapfel ist der Luftverkehr. Mit Camerons Vorschlag, Vielflieger besonders zur Kasse zu bitten, haben sich die Konservativen sofort heftige Kritik eingehandelt, von den Fluglinien und auch in den eigenen Reihen. Die Vergabe von „grünen Airmiles“ wäre die erste Stufe einer CO2-Rationierung, die langfristig jedem Bürger ein individuelles „Guthaben“ an Umweltgasen zuteilen und so die Basis für einen individuellen Emissionshandel schaffen würde.
Brown kritisierte Camerons Vorstoß. „Reformen müssen überlegt, durchgerechnet, glaubwürdig und verbraucherfreundlich, nicht überhastet, unvernünftig, kurzfristig, unpraktisch und unfair sein“, so seine Urteil über Camerons Politik. Damit haben sich die traditionellen ideologischen Schwerpunkte ausgetauscht: Labour versucht es mit Aufklärung und Selbstregulierung, die Tories mit Strafsteuern.
Brown steht dabei aber auch im Gegensatz zu Labour-Umweltminister David Miliband, der als potenzieller Konkurrent um das Amt des Premiers gilt. Auch Miliband will das individuelle CO2-Konto – musste es auf Druck von Brown aber aus dem neuen Klimaschutzgesetz streichen. Mit dem Gesetzentwurf wollen die Briten nun als erstes Land Emissionssenkungen von 60 Prozent bis 2050 verbindlich verankern. Die Regierung müsste dann jährlich wie im Finanzhaushalt über die Erfüllung der Ziele Rechenschaft ablegen und würde dabei von einer unabhängigen „CO2-Wachhundbehörde“ kontrolliert.
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