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US-IRAQ-BUSH-DIPLOMACY

© AFP/CNN

Bush im Irak: Was der Schuhwurf bedeutet

Warum wurde George W. Bush im Irak mit Schuhen beworfen? Unser Nahost-Korrespondent Martin Gehlen erklärt, was hinter dem Vorfall steckt, und beschreibt die Reaktionen.

Er ist der am besten bewachte Mann der Welt. Trotzdem musste George W. Bush am Sonntag in Bagdad gleich zweimal hinter seinem Stehpult in Deckung gehen – vor heran fliegenden schwarzen Herrenschuhen der Größe 44. „Das ist ein Abschiedskuss, du Hund“ rief der Werfer. „Dies ist von den Witwen, Waisen und allen, die im Irak getötet worden sind.“

Der linke Schuh hätte den US-Präsidenten um ein Haar am Kopf getroffen, wenn er sich nicht reflexartig geduckt hätte. Der rechte landete in der amerikanischen Flagge, die hinter ihm und dem irakischen Premier Nuri al-Maliki aufgestellt war. Sekunden später war der Journalist Muntazer al-Saidi, der seit drei Jahren für den in Kairo ansässigen Fernsehsender Al-Baghdadia arbeitet, von Sicherheitskräften überwältigt.

Die arabische Welt hat einen neuen Helden

Seit das Video von dem Vorfall auf der Pressekonferenz in der Grünen Zone seine Runde um die Welt macht, wird der 28-jährige in der arabischen Welt teilweise wie ein Held gefeiert. Die regierungskritische irakische Nachrichtenagentur INA gratulierte ihm „zu seinem mutigen Auftreten“.

Der sunnitische Rat der Religionsgelehrten sprach gar von einem „historischen Moment“, in dem Bush und der Weltöffentlichkeit gezeigt worden sei, „was die Iraker von der Besatzung halten“. Die angesehene in London erscheinende Zeitung „Al-Quds Al-Arabi“ schrieb in einem Kommentar, der Vorfall sei „ein angemessener Abschied für einen Kriegsverbrecher”.

In dem schiitischen Stadtteil Sadr-City von Bagdad gingen tausende auf die Straße und forderten die Freilassung des irakischen Reporters. Sein Programmdirektor in Kairo nannte ihn einen „stolzen Araber“ und forderte die irakischen Behörden auf, ihn nicht vor Gericht zu stellen „gemäß den Grundsätzen von Demokratie und Meinungsfreiheit, welche die Amerikaner den Irakern versprochen haben“. Nach irakischem Recht stehen auf „Beleidigung eines fremden Staatsoberhauptes“ mindestens zwei Jahre Haft.

Schuhsohlen zeigen - schwere Beleidigung

Jemandem seine Schuhsohlen zu zeigen, gilt in der arabischen Welt als schwere Beleidigung. Nach dem Niederreißen der Statue von Saddam Hussein 2003 in Bagdad trampelten viele Menschen mit ihren Sohlen auf dem Gesicht der Statue herum, um ihre tiefste Verachtung auszudrücken. Schuhe gelten als Träger von Unreinheit und Schmutz, darum ist zum Beispiel der Besuch einer Moschee nur ohne Schuhe gestattet.

Präsident Bush selbst versuchte, den Vorfall mit Humor zu nehmen: „Das hat mich nicht weiter aufgeregt“, sagte er später auf dem Weiterflug nach Afghanistan. Auch denke er nicht, „dass dieser eine Schuhwerfer repräsentativ ist für eine breite Stimmung im Irak.“

Desavouiert fühlt sich vor allem die irakische Regierung. Sie verurteilte die Attacke als „schändlich“ und forderte von der Fernsehstation eine offizielle Entschuldigung. Auch der Vorsitzende der irakischen Organisation für Pressefreiheit, Ziad al-Adschili, ging bereits vorsichtig auf Distanz. Er nannte das Verhalten des Journalisten „unprofessionell“.

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