
© Doris Spiekermann-Klaas TSP
Chats aus Bildungsministerium enthüllt: GEW stellt Berufung von Staatssekretär infrage, Union fordert Aufklärung
Der „Spiegel“ hat Nachrichten aus einem internen Chat der Führungsspitze im Bildungsministerium veröffentlicht. Bildungsgewerkschaft und Union kritisieren Ministerin Stark-Watzinger.
Stand:
Nachdem der „Spiegel“ am Mittwoch neue Chats aus dem Bildungsministerium veröffentlicht hat, stellt die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Maike Finnern, die Berufung des neuen Staatssekretärs Roland Philippi im Bildungsministerium infrage.
„Wenn die Bundesforschungsministerin die im Grundgesetz verankerte Wissenschaftsfreiheit ernst nimmt, muss sie die gegen sie gestellten Vorwürfe restlos aufklären, statt immer wieder von sich abzulenken“, forderte Finnern gegenüber dem Tagesspiegel. „Sonst bleibt der Eindruck einer Hinhaltetaktik.“
Finnern betonte: „Mit Roland Philippi will Stark-Watzinger nun einen Parteikollegen zum neuen Staatssekretär ernennen, der nach Medienberichten in internen Chats noch vor dem von der Ministerin erteilten Prüfauftrag mit einer möglichen Selbstzensur der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler liebäugelt.“ Freiheit der Forschung sehe anders aus. „Wenn Stark-Watzinger an die Berufung von Philippi dieselben Kriterien wie an die Vorgängerin Döring anlegt, kann er nicht Staatssekretär werden.“
Union fordert Dörings Aussage zu ermöglichen
Der bildungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Thomas Jarzombek, forderte gegenüber dem Tagesspiegel, endlich eine Aussage der geschassten Staatssekretärin Sabine Döring möglich zu machen. Jarzombek erklärte: „Frau Bundesministerin Stark-Watzinger hat am 16. Juni einen Vertrauensverlust von Wissenschaftlern in ihr Haus beklagt und in der Folge Frau Staatssekretärin Prof. Döring entlassen, es sei ein ‚personeller Neuanfang notwendig‘. Die heutigen Veröffentlichungen über interne Ministeriumskommunikation sprechen eine andere Sprache.“
Jarzombek fügte hinzu: „Von einem Alleingang der Staatssekretärin kann nun keine Rede sein. Um zu verstehen, welche Rolle die Ministerin selbst, aber insbesondere auch ihr neuer Staatssekretär Philippi dabei tatsächlich gespielt haben, ist eine Aussage von Frau Prof. Döring spätestens jetzt unumgänglich geworden.“
Linke: Philippi ist „als interner Scharfmacher aufgefallen“
Die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Nicole Gohlke, zeigte sich gegenüber dem Tagesspiegel „überrascht, dass es in dieser Angelegenheit tatsächlich noch schlimmer kommen kann, aber nun hat Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger es geschafft, das Problem zu potenzieren“. Die Ministerin habe „ganz offensichtlich nichts aus ihren bisherigen Fehlern gelernt“, so Gohlke. „Nicht nur fehlt ihr der Wille zur Aufklärung – auch politisch scheint die Ministerin nicht verstanden zu haben, worin der enorme Vertrauensverlust seitens der Wissenschaftscommunity in das BMBF besteht.“
Nach der fragwürdigen Entlassung von Staatssekretärin Döring mache nun Stark-Watzinger den Bock zum Gärtner: „Ausgerechnet Roland Philippi, der durch neu geleakte Dokumente aus dem BMBF als interner Scharfmacher aufgefallen ist, soll der Nachfolger werden.“ Gohlke betonte „Für die Wissenschaftsfreiheit wäre das ein Desaster. Hier muss jetzt endlich konsequent aufgeklärt und offengelegt werden statt dieser Salamitaktik des Grauens.“
Am Tag, an dem Roland Philippi offiziell zum Staatssekretär im Bundesforschungsministerium (BMBF) ernannt werden sollte, hatte der „Spiegel“ am Mittwoch Auszüge aus der bislang geheimen „Wire“-Kommunikation des Ministeriums veröffentlicht. Hochschullehrende bezeichnete Philippi laut der Chat-Protokolle als „verwirrte Gestalten“ und schwadronierte über eine Selbstzensur aus Angst vor Förderentzug. Ministerin Stark-Watzinger las dort mit.
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