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Rekruten bei der Schießausbildung im Rahmen eines Medientages zur Basisausbildung bei der Bundeswehr im Aufklärungsbataillon 7 (Symbolbild).

© dpa/Federico Gambarini

Darunter auch viele Russen: Jeder sechste Wehrpflichtige des Jahrgangs 2008 ist Doppelstaatler

Etwa 56.700 junge Männer des Jahrgangs 2008 besitzen neben dem deutschen noch mindestens einen weiteren Pass. Experten warnen vor Loyalitätskonflikten, besonders bei russischen Pässen.

Stand:

In Deutschland haben etwa 56.700 Männer des Jahrgangs 2008 neben der deutschen noch mindestens eine weitere Staatsangehörigkeit. Das zeigen Daten des Statistischen Bundesamts, die der „Welt“ vorliegen. Diese jungen Männer gehören zu den Jahrgängen, die ab 2026 zur Musterung herangezogen werden sollen.

Insgesamt lebten demnach beim Zensus zum Stichtag 15. Mai 2022 genau 340.859 Männer mit deutschem Pass in Deutschland, die im Jahr 2008 geboren wurden. Etwa ein Sechstel von ihnen besitzt dem Bericht zufolge mehrere Staatsangehörigkeiten.

Die am häufigsten vertretenen Staatsangehörigkeiten sind laut „Welt“:

  1. Türkische Staatsangehörigkeit (14.463)
  2. Polnische Staatsangehörigkeit (4141)
  3. Italienische Staatsangehörigkeit (3857)
  4. Russische Staatsangehörigkeit (3691)

Weitere relevante Herkunftsländer sind laut dem Bericht Serbien (1888 Fälle), Marokko (1640 Fälle) und Kasachstan (1620 Fälle). Die tatsächlichen Zahlen dürften heute höher liegen, da mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts 2024 der Grundsatz der Vermeidung von Mehrstaatigkeit aufgegeben wurde.

Verfassungstreueprüfung geplant

Das Bundesverteidigungsministerium bereitet sich dem Bericht zufolge auf die neue Situation vor. Für Personen, die sich freiwillig zum Wehrdienst verpflichten, soll vor Beginn des Wehrdienstverhältnisses „eine unterstützte Verfassungstreueprüfung durchzuführen“ sein, teilte eine Sprecherin der „Welt“ mit.

„Über die Frage, ob eine mehrstaatliche Person Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten, entscheidet die für die Ernennung oder Heranziehung zuständige Stelle“, sagte die Sprecherin weiter.

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Union und SPD hatten sich vergangene Woche auf eine flächendeckende Musterung junger Männer und Zielmarken für den Aufwuchs geeinigt. Sollten sich nicht genug Freiwillige für die Truppe finden, soll der Bundestag eine sogenannte Bedarfswehrpflicht beschließen können, bei der dann auch ein Zufallsverfahren zur Auswahl genutzt werden kann.

Experten warnen vor Loyalitätskonflikten

Vor allem mit Blick auf Russland warnen Experten vor möglichen Loyalitätskonflikten. „Die Staatsangehörigkeitsreform von 2024 hat insbesondere die Entstehung deutsch-russischer doppelter Staatsangehörigen stark vereinfacht, was überhaupt nicht zur Zeitenwende passt“, sagte Matthias Friehe, Professor an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel, der „Welt“. „Wer loyal zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Deutschland steht, kann nicht loyal zum Putin-Regime sein und umgekehrt.“

Der Rechtswissenschaftler Ferdinand Weber, der an der Universität Bremen eine Vertretungsprofessur innehat und Experte für Staatsangehörigkeitsrecht ist, kritisiert die unbegrenzte Hinnahme von Mehrstaatigkeit. Man merke deutlich, „dass die unbegrenzte Hinnahme von Mehrstaatigkeit neue Bürokratie nach sich zieht, weil sich mögliche Konfliktlagen multiplizieren können“, sagte Weber der „Welt“.

Dies betreffe sowohl Sicherheitsrisiken für die Bundesrepublik als auch mögliche Loyalitätskonflikte durch Einsätze im zweiten Heimatstaat für Betroffene. Mit Blick auf die Sicherheitsrisiken erwartet Weber, dass diese dann „wohl schlicht nach Musterung zur Nichtheranziehung führen dürften“. (Tsp)

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