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Politik: Das Kosovo wird souverän

Die internationale Gemeinschaft beendet ihre Überwachung. Serbien reagiert gespalten.

Berlin - In Serbien haben sie die Neuigkeiten zum Kosovo erstaunlich gelassen aufgenommen. Im September soll die ehemalige serbische Provinz, die sich im 2008 für unabhängig erklärte, die volle Souveränität erhalten. Das „International Civilian Office“ (ICO), das Gesetze blockieren und sogar Minister absetzen konnte, soll dann feierlich geschlossen werden. Das entschied am Montag in Wien der sogenannte internationale Lenkungsausschuss, dem die wichtigsten Unterstützer des Kosovo angehören – darunter die meisten EU-Staaten und die USA.

Das serbische Kosovo-Ministerium hatte schon vorab lapidar mitteilen lassen, für Serbien sei das „International Civilian Office“ ohnehin ohne Bedeutung gewesen, weshalb sich aus Sicht Belgrads nichts ändern werde. Serbiens neuer Präsident Tomislav Nikolic will das Kosovo ebenso wenig als Staat anerkennen wie sein Vorgänger Boris Tadic. Beide berufen sich auf die UN-Resolution 1244, in der das Kosovo als Teil Serbiens bezeichnet wird. Da sich Russland gegen eine Änderung der Resolution sträubt, ist sie nach wie vor in Kraft, obwohl das Kosovo seit seiner Unabhängigkeitserklärung von vielen Staaten anerkannt wurde. In dem nach seinem Vermittler benannten Ahtisaari-Plan wurde allerdings eine internationale Kontrolle des jungen Staates festgeschrieben, vor allem, um die serbische Minderheit im Kosovo zu schützen. Zusätzlich schickte die EU Polizisten, Staatsanwälte und Richter ins Land, die rechtsstaatliche Standards durchsetzen sollen. Ihre Eulex genannte Mission soll über den September hinaus weitergeführt werden.

„Es wurde höchste Zeit, dass das Kosovo selbst die Verantwortung für seine Zukunft übernimmt“, kommentiert die Grünen-EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek die neue Entwicklung. Der von der internationalen Gemeinschaft geforderte Minderheitenschutz sei voll umgesetzt, sagte sie dem Tagesspiegel. Die serbischen Gemeinden seien weitgehend autonom, ihre Abgeordneten im Parlament in Pristina vertreten. „Nun ist es an Serbien, zu handeln und die serbischen Parallelstrukturen im Norden des Kosovo aufzugeben.“ Anders als die serbischen Enklaven im Süden des Landes ignorieren die Serben im Norden die neuen Machtverhältnisse. Möglich ist das, weil Belgrad seine Institutionen – Schulen, Gesundheitssystem, Justiz – aufrechterhält. Die internationale Gemeinschaft hat dies bisher geduldet. Wie lange ein souveränes Kosovo dies tun wird, bleibt abzuwarten.

Der Staatssekretär im serbischen Kosovo-Ministerium, Oliver Ivanovic, sprach trotz der offiziell zu Schau gestellten Gelassenheit Serbiens daher auch von möglichen negativen Auswirkungen des internationalen Rückzugs aus dem Kosovo. Zwölf bis 13 Jahre seien nicht genug Zeit, um eine gute Kooperation zwischen Serben und Albanern zu gewährleisten, sagte er dem Radiosender B-92. Daher berge das Ende der Überwachung „auch Gefahren für Serbien“. Ulrike Scheffer

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