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Bundesinnenminister de Maizière

© dapd

Afghanistan-Einsatz: De Maizière soll Opfer von Psycho-Zauber der US-Armee sein

Ein Team für psychologische Kriegsführung hat offenbar versucht, Einfluss auf Innenminister de Maizière zu nehmen. Die US-Streitkräfte in Afghanistan wollten westliche Politiker auf ihre Seite ziehen - mit allen Mitteln.

Von Michael Schmidt

Es geht um viel Geld und um noch mehr Truppen für Afghanistan. Die Rede ist von Manipulationen, Propaganda und Psycho-Tricks. Die US-Armee ist erschüttert, der deutsche Innenminister gibt sich gelassen: Nach einem Bericht des „Rolling Stone“ sollen die amerikanischen Streitkräfte am Hindukusch Spezialisten für psychologische Kriegsführung auf Thomas de Maizière sowie Politiker aus den USA und anderen Ländern angesetzt haben. Ein US-Oberstleutnant beschuldigt seine Vorgesetzten in einem Interview mit dem Magazin, damit bewusst gegen Gesetze verstoßen zu haben. De Maizière ließ seinen Sprecher am Freitag mitteilen, jetzt sei es zuallererst einmal Sache der zuständigen zivilen und militärischen Stellen in den USA, zu klären, was an den Vorwürfen dran sei. Das Pentagon kündigte umgehend eine Untersuchung an.

Die US-Streitkräfte in Afghanistan wollten offenbar westliche Politiker mit allen Mitteln auf ihre Seite ziehen. Dem Magazin zufolge habe ein Team für psychologische Kriegsführung den Auftrag erhalten, Entscheidungsträger während ihrer Besuche am Hindukusch davon zu überzeugen, sich für mehr Ressourcen und Soldaten stark zu machen. Zu den Zielen hätten vor allem hochrangige US-Politiker gezählt. Nach Aussagen des beauftragten Oberstleutnants Michael Holmes, Leiter der Spezialeinheit für „psychologische Operationen“ in Afghanistan, war das illegal. Zur Begründung sagte er, sogenannte Psy-Ops, also Psycho-Operationen, Propaganda und Taktiken zur emotionalen und Verhaltens-Beeinflussung dürften nach Pentagon-Definition ausschließlich gegen feindliche ausländische Kräfte angewandt werden.

Holmes will die Order von seinem Vorgesetzten General William Caldwell, zuständig für die Ausbildung afghanischer Streitkräfte in Kabul erhalten und sich aus eben diesem Grund geweigert haben, sie auszuführen: „Mir ist es verboten, so etwas gegen unsere eigenen Leute anzuwenden. Wenn man mich auffordert, solche Methoden auf Senatoren und Abgeordnete einzusetzen, dann wird eine Grenze überschritten“, sagte er in dem Interview. Und fügte hinzu, er sei für seine Weigerung bestraft worden.

Betroffen waren laut vertraulichen US-Unterlagen, aus denen „Rolling Stone“ zitiert, unter anderem die US-Senatoren John McCain, Joe Lieberman, Carl Levin und Jack Reed. Zu den ausländischen Zielpersonen hätten neben dem Bundesinnenminister noch der tschechische Botschafter in Afghanistan gehört. Gefragt gewesen sei „eine tiefe Analyse von Stellen, auf die Druck ausgeübt werden muss, um von den Delegationen mehr Finanzmittel zu erhalten“, berichtet Holmes. Es sei dabei auch um die mögliche Manipulation von Gesprächspartnern gegangen: „Wie bringen wir diese Leute dazu, uns mehr Soldaten zu geben?“ Tatsächlich war Bundesinnenminister de Maizière im März 2010 in Afghanistan und hatte Camp Eggers, den Stützpunkt der US-Einheit für psychologische Kriegsführung, besucht. Zu diesem Zeitpunkt allerdings hatten Deutschland und die EU gerade eine Aufstockung der Finanzmittel und des Polizeikontingents zugesagt.

Ein ähnlich explosiver Artikel im „Rolling Stone“ vom selben Autor führte im Juni 2010 zur Entlassung des US-Oberkommandierenden in Afghanistan. Stanley McChrystal hatte sich abwertend gegenüber Präsident Barack Obama und ranghohen US-Politikern geäußert.

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