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Demokratie in Ostdeutschland : „Der Austausch der Menschen findet sehr im Privaten statt“
Alicja Orlow klärt auf dem Land über Beteiligung und Fake News auf. Sie erlebt rechtsextreme Strukturen, eine starke Zivilgesellschaft – und eine skeptische Bevölkerung.
Stand:
Frau Orlow, wie schwierig war das Jahr für die Demokratie in Ostdeutschland?
Besonders herausfordernd. Neben den Krisen der Welt, der alternden Gesellschaft und sozialen Ungleichheiten kommen in Ostdeutschland strukturelle Herausforderungen obendrauf. Hier in Mecklenburg-Vorpommern werden etwa die landesweit geringsten Löhne gezahlt. Wir haben eine verarmte Medienlandschaft und mit den sehr großen Landkreisen so zentralisierte Verwaltungsstrukturen wie nirgendwo sonst. Dann ist da noch die eigene politische Kultur im Osten.
Worin drückt die sich aus?
Staatliche Institutionen und Parteien genießen hier seit DDR-Zeiten weniger Vertrauen. Es gibt deutlich weniger öffentliche Angebote der politischen Debatte. Der Druck auf demokratische Strukturen wird zusätzlich verschärft, wenn zivilgesellschaftliche Organisationen in die angeblich linke Ecke gestellt werden, wie zuletzt leider auch vermehrt von konservativer Seite.
Bei vielen Menschen kommt an, dass es in Ordnung ist, demokratiefördernde Projekte und Personen, die Menschenrechte hochhalten, kritisch zu sehen. Nicht zu vergessen sind die teilweise starken rechtsextremen Strukturen im Osten, auch völkische Siedlungen oder Menschen, die sich nach einfachen Lösungen sehnen und autoritäre Strukturen dafür in Kauf nehmen. Generell wird Politik hier weniger öffentlich ausgehandelt. Der Austausch der Menschen findet schon sehr im Privaten statt.
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