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Politik: Der große Zapfenstreich

Struck nimmt bei der Umstrukturierung der Bundeswehrstandorte keine Rücksicht auf schwache Regionen

Von Robert Birnbaum

Berlin - „Was wir beschlossen haben, ist ohne Alternative.“ Verteidigungsminister Peter Struck sagt das gleich zwei Mal. Wer 105 Bundeswehr-Standorte bis zum Jahr 2010 schließen will, muss mit Gegenwind rechnen. „Keine Alternative“ ist die Windschutzscheibe des Ministers. Gegen Seitenwind hat er einen zweiten Windabweiser installiert: „Allein entscheidende Kriterien“ für die Auswahl der zu schließenden Standorte seien militärische Notwendigkeit und betriebswirtschaftliche Vertretbarkeit. Strukturpolitik, unter Vorgänger Rudolf Scharping noch erklärtes Ziel bei der Standortwahl, habe keine ausschlaggebende Rolle gespielt.

Weshalb es nicht weiter verwunderlich sei, wenn einige Bundesländer sich zu den Gewinnern und andere zu den Verlierern des Umbaus zählten. Niedersachsen übrigens, sein Heimatland, ist eher ein Gewinner – was aber, sagt Struck, auch wieder ausschließlich sachliche Gründe habe: „Was meinen Sie, was mein Ministerpräsident mir sagt, wie schrecklich das ist, was ich da vorhabe!“

Am Wochenende hat Struck mit den Spitzen der Teilstreitkräfte und seines Ministeriums für jeden Standort den Daumen gesenkt oder gehoben. Herausgekommen ist das Aus für viele kleine und einige große Standorte, vor allem aber viel Umgruppierung. Das Standortkonzept, sagt Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan, müsse zum neuen inhaltlichen Konzept einer verkleinerten, weltweit operierenden und in Einsatz-, Stabilisierungs- und Unterstützungskräfte aufgeteilten Armee passen. Dass weniger nicht schlechter heißen muss, sucht der frühere Panzergeneral am Beispiel Heer zu illustrieren: Zwar sinke die Zahl der Brigaden von 22 auf zwölf, doch zugleich die der Kampf-Brigaden nur von 14 auf zehn – bei höherer Kampfkraft. „In der Summe sind die besser“ als das frühere Aufgebot, sagt Schneiderhan.

Die Bemerkung zielt auf Unionskritik. Deren Wehrexperte Christian Schmidt wirft Struck vor, seine Armeestruktur, die sich nun in der Standortstruktur niederschlage, setze einseitig auf eine „Armee im Einsatz“ und vernachlässige die Heimat. Mit dem „Rückzug aus der Fläche“ – von 600 Standorten sollen bis 2010 noch 329 übrig bleiben – werde die Landesverteidigung gefährdet. Struck nennt das absurd, auch weil er gerade niemanden sehe, „der unser Land angreifen will“.

Ob mit den jetzigen Schließungen – der zweiten Welle nach der Reduzierung um etwa 100 Standorte vor zwei Jahren – das Ende der Fahnenstange erreicht sei? „Zukunftssicher“ nennt Struck sein jetziges Konzept. Sofern nicht jemand auf die Idee komme, die Wehrpflicht abzuschaffen – dann wären nach Einschätzung des bekennenden Wehrpflicht-Anhängers Struck noch mal 50 bis 60 Standorte in Gefahr.

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