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Politik: „Der Job ist wichtiger als Urlaubsgeld“

Katholische Kirche nennt Gewerkschaften starr / Grüne: Soziale Gerechtigkeit neu definieren

Berlin (hmt/M.G./AP/dpa). Grüne und katholische Kirche haben in der Debatte über die Reform der Sozialsysteme „mehr Eigenverantwortung“ von den Bürgern gefordert. Bei der Erneuerung der Sozialsysteme sei eine „neue Art von Balance zwischen sozialer Gerechtigkeit und Eigenverantwortung“ nötig, sagte Parteichef Bütikofer. Der Generalvikar des Erzbistums Köln, Norbert Feldhoff, warnte davor, den Staat zu überfordern. So könnten zum Beispiel die gesetzlichen Krankenkassen auf Dauer nicht mehr alles abdecken. Er kritisierte die Gewerkschaften als „unglaublich starr“, forderte mehr Lohnverzicht und Reformen beim Tarifsystem.

Bütikofer erklärte am Sonnabend vor dem kleinen Parteitag der Grünen in Berlin, nur indem die Bürger mehr Eigenverantwortung übernähmen, lasse sich der „solidarische Rahmen“ der sozialen Sicherungssysteme aufrechterhalten. Es sei der „entscheidende Prüfstein“ der Koalition, ob sie die Reformen in dieser Legislaturperiode bewältige. An die Politiker seiner eigenen Partei appellierte Bütikofer, nicht „jeden Tag eine andere Sau durchs Dorf zu treiben“, indem sie durch unabgestimmte Vorschläge zur Reformdebatte Verwirrung stifteten. In der „Sächsischen Zeitung“ wies der Parteichef Vorschläge aus den eigenen Reihen zur Lockerung des Kündigungsschutzes zurück. Es sei nicht nachgewiesen, dass dies Arbeitsplätze schaffe.

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) macht unterdessen Druck beim Thema Kündigungsschutz. Sollten SPD und Grüne entsprechenden Reformen nicht zustimmen, „dann werden wir an diesem Punkt scheitern. Und dann werde ich scheitern. Ich werde ein Scheitern nicht in Kauf nehmen“, sagte Clement dem ZDF.

Der Generalvikar des Erzbistums Köln, Norbert Feldhoff, forderte mehr Lohnverzicht und Reformen beim Tarifsystem in Deutschland. „Es muss Einschnitte geben für einzelne Berufsgruppen, sonst können wir viele Arbeitsplätze nicht mehr halten", sagte Feldhoff in einem Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag. Es sei wichtiger, dass jemand seinen Arbeitsplatz behalte, als dass er Weihnachts oder Urlaubsgeld bekomme, erklärte der Verwaltungschef der Erzdiözese Köln. Das Verhalten der Gewerkschaften bezeichnete Feldhoff als „unglaublich starr", ihre Kritik an den Reformvorhaben der Regierung wie der Lockerung des Kündigungsschutzes als „überzogen und undifferenziert". Auch FDP-Chef Guido Westerwelle übte Kritik: Die Gewerkschaften machten keine Politik mehr zu Gunsten von Arbeitnehmern, sondern nur noch zu Gunsten der eigenen Besitzstandswahrung.

Innerhalb der Gewerkschaften zeichnet sich unterdessen ein Konflikt ab. Während die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi vor einer „Amerikanisierung“ der Arbeitsverhältnisse warnte, räumte der baden-württembergische IG-Metall-Chef Berthold Huber Fehler der Gewerkschaften ein und forderte offene Gespräche mit den Arbeitgebern.

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