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Nebenkläger-Anwalt Sebastian Scharmer: „Der Prozess wird 2014 noch nicht beendet sein“

Sebastian Scharmer vertritt im Prozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere mutmaßliche Unterstützer der rechtsextremen Terrorgruppe NSU die Nebenklägerin Gamze Kubasik, Tochter des in Dortmund erschossenen Mehmet Kubasik.

Von Frank Jansen

Halten Sie es für möglich, dass Zschäpe freigesprochen wird?

Nach dem aktuellen Stand ist das mehr als unwahrscheinlich. Die interessante Frage ist eher, ob Zschäpe am Ende wegen Beihilfe oder als Mittäterin an den Morden und Anschlägen verurteilt wird. Bislang sind alle Fakten der Anklage im Wesentlichen bestätigt worden, so dass es ganz nach einer Verurteilung aussieht. Allerdings ist das Verfahren noch lang und die Verteidigung bislang auch nicht sonderlich aktiv geworden. Hier kann noch vieles kommen.

Warum kommt der Prozess so langsam voran?

Die Geschwindigkeit der Zeugenvernehmungen schwankt stark. Sie hängt wesentlich auch vom Aussageverhalten ab. Gerade Zeuginnen und Zeugen aus der rechten Szene und dem Umfeld der Angeklagten haben in den letzten Monaten die Verfahrensbeteiligten, insbesondere das Gericht, mit ausweichenden oder widersprüchlichen Aussagen und teilweise auch mit patzigem Verhalten über die Grenzen des Zumutbaren hinaus belastet. Daneben ist es aber naturgemäß in einem Verfahren mit mehr als 100 Verfahrensbeteiligten so, dass allein die Ausübung prozessualer Rechte, wie etwa Fragen oder Anträge zu stellen, erhebliche Zeit in Anspruch nimmt.

Das OLG hat Verhandlungstage bis Ende 2014 terminiert. Wird das reichen?

Ich gehe derzeit nicht davon aus, dass der Prozess 2014 beendet werden kann. Wir sind zwar bislang zügiger vorangekommen, als ich zu Beginn eingeschätzt hätte. In der Regel ziehen sich derartige Verfahren aber gerade gegen Ende.

Sollten Teile des Verfahrens – die Sprengstoffanschläge in Köln, die Raubüberfälle – eingestellt werden, um den Prozess zu beschleunigen?

Auf keinen Fall sollte der Teil zu den Sprengstoffanschlägen in Köln eingestellt werden. Neben der für die Betroffenen und auch politisch wichtigen Aufklärung dieser Fälle würde es auch prozessual überhaupt keinen Sinn machen. Es handelt sich um ein Strukturverfahren. Für die Frage der terroristischen Vereinigung, für die Frage der Ziele des NSU müssen diese Taten auch im Zusammenhang mit den vollendeten Morden im Gerichtssaal aufgeklärt werden. Um diese Beweisaufnahme kommt das OLG München also nicht herum. Anders könnte es bei den Raubüberfällen aussehen. Allerdings stützt sich die Anklage gegenüber beispielsweise André E. gerade auf eine Unterstützung dieser Überfälle, so dass es auch hier wenig Sinn machen würde, alle Raubüberfälle abzutrennen und einzustellen. Bei Einzelfällen halte ich es jedoch für wahrscheinlich.

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