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Politik: Der Soziologe Erwin K. Scheuch über den Kölschen Klüngel - ein Interview

Erwin K. Scheuch (71) war an der Universität Köln Ordinarius für Soziologie.

Erwin K. Scheuch (71) war an der Universität Köln Ordinarius für Soziologie. 1992 erschien seine Untersuchung "Cliquen, Klüngel und Karrieren". Seine Kritik erneuerte er 1995 am Beispiel des bisherigen Kölner Oberbürgermeisters Burger (SPD). Mit Scheuch sprach Klaus J. Schwehn.

Herr Professor, ist der Kölner Fall Heugel ein typisches Beispiel für Kölschen Klüngel?

Nein, eigentlich ist der Kölsche Klüngel etwas undurchsichtiger als der Fall Heugel. Richtiger Klüngel wäre es gewesen, wenn nicht Herr Heugel, sondern seine Tante die Aktien gekauft hätte.

Dann ist der SPD-Kandidat also dumm gewesen?

Oh ja, er sah nicht gut aus - er hatte sich wohl zu sicher gewähnt. Da die Kölner Presse über die Jahre hinweg handzahm geworden ist, hat das die Klüngler wohl in der Überzeugung bestärkt, uns kann nichts passieren.

Der Klüngel wird von den Kölnern oft in einer Art Selbstbespiegelung mit Augenzwinkern und auch ein bisschen Stolz beschrieben - was ist er denn nun eigentlich?

Üblicherweise lebt man in Köln so, dass jeder etwas mitkriegt. Also, man spielt Mehrheiten nicht rücksichtslos aus; Minderheiten werden häufig mit ins Boot genommen. Der Kölsche Klüngel ist normalerweise auch liebenswürdig. Aber er verhindert, klare Verantwortlichkeiten zu erkennen. Man weiß nie so richtig, wer verantwortlich ist für dieses oder jenes. Die Verwischung von Verantwortlichkeiten ist die negative Seite des Kölschen Klüngels. Aber Filz gibts auch anderswo.

Kann der Fall Heugel - und das Aufsehen darum - in Köln nun reinigend wirken?

Natürlich ist dies ein Schock vor allem für die SPD. Die CDU befindet sich in Köln eh bereits in einem desolaten Zustand. Die Sozialdemokraten sind in einem tiefen Gegensatz zwischen rechtem und linkem Flügel - ich muss das so sagen, weil es mit Inhalten wenig zu tun hat. Das hat bislang zu einer Balance geführt: Auf Parteitagen hatten die Linken, im Stadtrat die Rechten das Sagen. Heugel gehört zum rechten Flügel. Eines ist sicher, jetzt, da die SPD keinen Kandidaten mehr hat, zu einem Zeitpunkt, da erstmals in der Nachkriegsgeschichte ein Oberbürgermeister direkt gewählt wird, dürfte das zu tiefer Niedergeschlagenheit bei ihren Wählern führen. Die Sozialdemokraten verlieren sowieso ständig Mitglieder, und der Fall Heugel wird nun zur weiteren Erosion der Partei beitragen.

Herr Professor[ist der Kölner Fall Heugel ei]

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