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Die philippinische Armee gab sich am Freitag siegessicher.

© dpa

Geisel-Drama auf den Philippinen: Deutsche nach Lösegeldzahlung an Abu Sayyaf freigelassen

Die philippinische Armee hatte zuletzt noch eine Rettungsaktion unternommen, um ein deutsches Paar aus den Händen der Abu Sayyaf zu bereifen. Das hätte auch schief gehen können.

Die beiden von Islamisten auf den Philippinen entführten Deutschen sollen nach Angaben eines lokalen Radiosenders frei sein. „Wir haben das Lösegeld erhalten“, sagte ein Sprecher der islamistischen Gruppe Abu Sayyaf, der sich Abu Rami nennt, dem Sender DXRZ mit Sitz in der Stadt Zamboanga am Freitag in einem Interview weiter. Das philippinische Militär bestätigte dies wenig später. Soldaten und Polizisten hätten die beiden Deutschen
an einem Polizei-Kontrollpunkt aufgegriffen und in ein Militärlager gebracht.

Wer zahlte Lösegeld

Nach Ablauf eines Ultimatums der Abu Sayyaf-Extremisten, die seit April zwei Deutsche in ihrer Gewalt halten, sollen die Kidnapper einen Teil des verlangten Lösegelds erhalten haben. Praktisch zeitgleich mit der angeblichen Zahlung der Teilsumme waren die philippinischen Streitkräfte Berichten zufolge mit einer Eliteeinheit eingeschritten, um die beiden Geiseln aus der Hand der islamistischen Terrorgruppe zu befreien.

Gefährlicher Armeeeinsatz

"Ein Bataillon ist eingerückt", sagte ein Angehöriger der Streitkräfte, der anonym bleiben wollte und von "einer Art Rettungsaktion" sprach. Die Aktion barg jedoch auch Gefahren, denn Abu Sayyaf kennen sich in ihrem eigenen Gelände auf der südphilippinischen Insel Jolo bestens aus und waren bei vergangenen ähnlichen Militäraktionen meist einen Schritt voraus. Sie schreckten in früheren Fällen auch nicht davor zurück, aus Vergeltung Geiseln hinzurichten.

Zitterpartie bis zum letzten Augenblick

Es blieb zunächst auch unklar, was zuerst erfolgt sein soll: eine Teilzahlung des Lösegelds oder die Militäraktion. Zuvor hatten die Entführer von einer Fristverlängerung um zwei Stunden gesprochen, wenn das geforderte Lösegeld auf dem Weg sei. Sollten sie keine Bestätigung erhalten, "wird der deutsche Mann hingerichtet", sagte ein Sprecher der Kidnapper gegenüber einem örtlichen Radiosender. Die Geiselnehmer hatten mit der Hinrichtung einer ersten Geisel gedroht, sollten sie bis Freitag nicht umgerechnet rund 4,3 Millionen Euro Lösegeld erhalten.

Geschäft mit Geiseln

Die Pseudorebellen der Abu Sayyaf machen seit mehr als einem Jahrzehnt ein Geschäft daraus, Touristen, Missionare und ausländische Geschäftsleute zu kidnappen. Die Zuspitzung des Dramas um die beiden deutschen Entführungsopfer erfolgte nach der Ankunft des deutschen Krisenbeauftragten Rüdiger König in Manila.

Deutscher Vermittler

Der 57-jährige Diplomat sollte auf Anweisung von Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine Beendigung des Geiseldramas aushandeln. Laut dem Auswärtigen Amt sollte König "an allem teilnehmen, was dem Ziel dient, die beiden deutschen Entführten aus den Händen von Abu Sayyaf freizubekommen".

Erinnerung an den Fall Wallert

Die beiden Deutschen waren im April von einer Yacht im unruhigen Süden der Philippinen entführt und ins Landesinnere der Insel Jolo verschleppt worden, wo weitgehend Anarchie herrscht und im Jahr 2000
die deutsche Familie Wallert sowie Spiegel-Journalist Andreas Lorenz festgehalten worden waren.

Opfer am Ende ihrer Kräfte

In den vergangenen Monaten waren die beiden Geiseln, die aus Hessen stammen, von den Entführern mehrfach vorgeführt worden. In Radio- und Videobotschaften flehten sie dabei um Hilfe. Sie seien am Ende ihrer Kräfte. Mit dem Erhalt einer Teilzahlung wäre die militante Gruppe, die unter dem Schleier von islamischen Idealen reines Banditentum betreibt, ihrer üblichen Taktik gefolgt, sich am Ende auch mit weniger als der ursprünglich verlangten Summe abzufinden.

Entführer melden sich per Telefon

Ein Mann namens Al Kataib, der sich als Vertrauter von Abu Rami, dem Sprecher der Extremisten ausgab, sagte in einem Telefongespräch mit Journalisten, seine Leute würden den Deutschen, den sie am Freitag zu köpfen drohten, "nicht anfassen". Philippinische Regierungskreise bestätigten zunächst, dass beide Geiseln unversehrt seien, wollten aber keine Angaben über eine eine laufende Militäroperation machen.

Noch zehn andere Ausländer entführt

Al Kataib machte keine Angaben zur Höhe des bereits bezahlten Lösegelds oder wer dieses überbracht hätte. Die Gruppe, die zehn weitere Ausländer in ihrer Gewalt haben soll, darunter einen Schweizer und einen Japaner, hatte in Vergangenheit noch nie Skrupel, angedrohte Hinrichtung bei Nichtbezahlung von Lösegeld auch auszuführen.

Verbindung zum "Islamischen Staat"?

Neben dem Lösegeld verlangen die Islamisten auch, dass Deutschland seine Unterstützung des Kampfes gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak einstelle.

Daniel Kestenholz

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