Politik: Die Angst vor Afghanistan Wie die SPD Abweichler auf Kurs bringen will
Berlin - In der SPD-Fraktion wächst der Unmut über die deutsche Afghanistan-Politik – und die Angst vor einem weiteren Abstimmungsdebakel bei der Verlängerung des Bundeswehreinsatzes am Hindukusch. „Wir diskutieren zu viel über das Militär und zu wenig über den zivilen Aufbau Afghanistans“, sagte Detlef Dzembritzki dem Tagesspiegel.
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Berlin - In der SPD-Fraktion wächst der Unmut über die deutsche Afghanistan-Politik – und die Angst vor einem weiteren Abstimmungsdebakel bei der Verlängerung des Bundeswehreinsatzes am Hindukusch. „Wir diskutieren zu viel über das Militär und zu wenig über den zivilen Aufbau Afghanistans“, sagte Detlef Dzembritzki dem Tagesspiegel. Der SPD-Abgeordnete leitet die Task Force Afghanistan der SPD-Fraktion. Bereits Anfang März hatten rund 90 Sozialdemokraten gegen die Linie der Koalition aufbegehrt und den Einsatz von Tornado-Aufklärungsflugzeugen im Parlament nicht mitgetragen. Wenn im Herbst das Gesamtmandat für Afghanistan wieder auf der Tagesordnung steht, könnte es noch schlimmer kommen. „Wenn wir es nicht schaffen, die Fortschritte beim Wiederaufbau aufzuzeigen, wird es im Herbst Probleme geben“, sagt Dzembritzki. Das zivile Engagement müsse im Vordergrund stehen. Zufall oder nicht, Fraktionschef Peter Struck forderte vor wenigen Tagen in einem Interview mit der „Passauer Neuen Presse“ eine Aufstockung der Aufbauhilfe für Afghanistan. Dzembritzki, der das Land zuletzt im Februar bereist hat, sieht Deutschland zunächst bei der personellen Unterstützung der afghanischen Regierung in der Pflicht. Er fordert, zusätzliche deutsche Berater in die Kabuler Ministerien zu entsenden. Denn diese haben ein massives Problem: Im soeben abgelaufenen Finanzjahr konnten sie lediglich 30 Prozent der Auslandshilfe auch ausgeben. Die Gründe dafür sind zum Teil simpel. So werden viele Lehrer oder Polizisten nicht bezahlt, weil es keine zentralen Gehaltslisten gibt. „Letztendlich ist das der entscheidende Punkt: dass staatliche Strukturen entstehen und auch funktionieren“, so Dzembritzki im Gespräch mit dem Tagesspiegel.
Ebenso wie Struck hält er aber auch eine Erhöhung der finanziellen Zusagen an Kabul mittelfristig für zwingend. Hintergrund ist die Nato-Offensive im Süden, der die internationale Gemeinschaft eine Aufbauoffensive folgen lassen will. „Wenn wir im Süden helfen wollen, müssen wir auch über mehr Geld reden“, sagt Dzembritzki. Das Entwicklungsministerium hat seine Mittel für das laufende Jahr zwar bereits um 20 Millionen Euro auf insgesamt 100 Millionen Euro aufgestockt – aus Sicht Strucks reicht dies jedoch nicht aus. Im Zusammenhang mit der Haushaltsplanung 2008 nannte er Afghanistan als einen jener Bereiche, in die angesichts höherer Steuereinnahmen mehr investiert werden müsse. „Frisches Geld muss vom Finanzminister kommen und nicht etwa durch Umschichtungen im Entwicklungsetat“, sagt auch Dzembritzki. Das wird die SPD-Entwicklungsministerin freuen – und sicher auch die Abweichler in der Fraktion.
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