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Geschichte: Die Balkankriege: Teilen und herrschen

Die Verhaftung des früheren Generals Ratko Mladic schließt ein blutiges Kapitel der europäischen Geschichte. Was geschah während der Balkankriege? Ein Blick zurück.

Die Reaktionen auf die Verhaftung des „Schlächters von Srebrenica“ waren in der Region, aber auch in anderen Teilen der Welt geradezu überschwänglich. Und das nicht allein deshalb, weil sich Serbien damit einen wichtigen Schritt auf die Europäische Union zubewegt hat. Vielmehr trägt diese Festnahme vor allem dazu bei, „die Wunden der Geschichte auf dem Balkan zu heilen“, wie es der griechische Außenminister Dimitris Droutsas am Donnerstag ausdrückte.

Seit 1991 mit dem zehntägigen Konflikt in Slowenien die unselige Kette von vier blutigen Kriegen auf dem Balkan begann, ist die Region nahezu ein Jahrzehnt lang Schauplatz von Gewalt, Zerstörung, Vertreibung und menschlichem Leid gewesen. Die Ursachen der Konflikte reichen weit zurück in die jugoslawische Geschichte. Dazu gehören latente Rivalitäten zwischen den Ethnien ebenso wie die labile wirtschaftliche Situation des Gesamtstaats. Er vermochte in den 80er Jahren nicht, den föderalen Ausgleich zwischen den Teilrepubliken zu deren Zufriedenheit zu lösen. Im Kontext des Umbruchs in Ost- und Südosteuropa zu Beginn der 90er Jahre brach sich auch in den Balkanstaaten der Unmut Bahn. Und den Bestrebungen nach staatlicher Souveränität der Teilrepubliken begegnete die jugoslawische Volksarmee mit militärischer Mitteln. Es entzündeten sich kriegerische Konflikte zunächst in Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina, später im Kosovo. In deren Folge zerfiel das einstige Jugoslawien als Staatengebilde endgültig und die einstigen Teilrepubliken erlangten ihre Unabhängigkeit.

Der Bosnienkrieg, der von 1992 bis 1995 in Bosnien und Herzegowina wütete und nach Angaben des bosnischen Untersuchungs- und Dokumentationszentrums IDC 97 207 Menschen das Leben kostete, war die grausamste, opferreichste Auseinandersetzung um die ethnische Vorherrschaft in der Region. Bei den Kämpfen prallten die Truppen der drei großen Volksgruppen aufeinander. Sie wurden geführt von der Armee der Republik Bosnien-Herzegowina, der Armee der bosnischen Kroaten – unterstützt von der kroatischen Armee – und der Armee der serbischen Republik (die von General Ratko Mladic befehligt wurde) – unterstützt von paramilitärischen Truppen der jugoslawischen Volksarmee. Nicht nur die eigentlichen Kampfhandlungen, sondern vor allem die sie begleitenden sogenannten ethnischen Säuberungen brannten sich ein ins Gedächtnis der Welt.

Die Truppen der bosnischen Serben waren in der Übermacht und kontrollierten zeitweilig 70 Prozent des Territoriums von Bosnien- Herzegowina. Die internationale Gemeinschaft fand lange keine Wege, in dem unübersichtlichen Konflikt zu vermitteln oder mit eigenem Militär einzugreifen. Beim Kampf um Srebrenica griffen serbische Truppen im Juli 1995 die Stadt an und verübten praktisch unter den Augen vorwiegend niederländischer UN- Soldaten ein Massaker mit Tausenden Toten. In anderen von den Vereinten Nationen errichteten Schutzzonen wurden immer wieder UN-Soldaten als Geiseln genommen.

Ende 1995 übernahmen die Ifor-Truppen der Nato die Kontrolle in Bosnien- Herzegowina. Rund 60 000 Soldaten der internationalen Truppen sicherten in dem schwer geschädigten Land die fragile Waffenpause. Der Vertrag von Dayton beendete am 21. November 1995 den Bosnienkrieg. Erst im Februar 1996 rief die Regierung von Bosnien-Herzegowina das Ende der fast vierjährigen Belagerung der Hauptstadt Sarajevo durch serbische Truppen offiziell aus. Die Anführer der Konfliktparteien, die sich zum Teil schwerer Verbrechen schuldig gemacht hatten, tauchten unter. (Tsp)

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