Politik: Die Hälfte tut’s auch
Das Buch. Ist eine Ikone der Hochkultur, ausersehen, alle TV-Dödeleien und Internetgewitter zu überstehen.
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Das Buch. Ist eine Ikone der Hochkultur, ausersehen, alle TV-Dödeleien und Internetgewitter zu überstehen. Heerscharen von Rezensenten lauern ihm auf, Autoren scheuen beim Signieren weder Krampf noch Sehnenscheidenentzündung, und sein Preis bleibt, zumindest in Deutschland, gebunden bis ans Ende der Zeit, ein Merkmal insularer Alleinstellung über alle Schnäppchenjagden hinweg.
Diese Wertschätzung allerdings geht von der Annahme aus, dass Bücher auch echt gelesen werden. Denn weder der Schreibvorgang noch das Gedruckt- oder Gekauftwerden garantieren ja, dass der Inhalt den Weg in den Kopf des Käufers findet, wo er hin soll. Die Welt beispielsweise ist voll von Menschen, die sich durch den kompletten „Ulysses“ gekämpft haben wollen. Da aber in Wirklichkeit niemand jemals über Seite 55 hinausgekommen ist, vermag diese Lüge auch dem härtesten Literaten-Smalltalk standzuhalten. Musil, Tolstoi, ach, und selbst das Wissen über die „Blechtrommel“ haben wir wohl sehr überwiegend dem Film zu verdanken.
Was also steckt wirklich hinter diesem Phänomen? Eine britische Umfrage ist dem vorzeitigen Leseabbruch jetzt nachgegangen und hat Zahlen vorgelegt. Nicht überraschend: Die dicksten Schinken haben die höchsten Abbruchquoten: Je ein Drittel der Leser machte sich aus Bill Clintons „Mein Leben“ und „Harry Potter und der Feuerkelch“ vorzeitig davon. Mit der Qualität hatte das wenig zu tun, denn selbst ein Leuchtturm der Spitz- und Steilliteratur, David Beckhams Autobiografie „My Side“, wurde 27 Prozent der Leser vorzeitig lästig.
In dieser Erkenntnis wohnt eine Tragik, die den meisten Autoren nicht einmal bewusst ist. Monatelang ringen sie um eine bis zum Ende schlüssige Erzählstruktur, fahnden nach unerwarteten Schlusspointen und nerven ihren Lektor mit dem Wunsch nach jenen 200 Seiten mehr, die allein Ruhm und Ruf und Rezensiertwerden durch Großkritiker garantieren. Und kaum ist das geschafft, sagt der Käufer: Och, ich bin zu müde für so lange Geschichten und kann mich sowieso nicht konzentrieren. Tschüss!
Die Weltliteratur wäre also unermesslich reicher und vielfältiger, wenn die Schriftsteller nicht Zeit und Kreativität beim Verfassen zweiter Buchhälften verplempern würden, die sowieso niemand liest. Ob das auch für Zeitungstexte gilt? Wir sollten es mal untersuchen. Wir sollten es mal untersuchen. Wir sollten es mal untersuchen. Wir sollten es mal untersuchen. Wir sollten es mal untersuchen. Wir sollten es mal untersuchen. Wir sollten es mal untersuchen. Wir sollten es mal un …
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