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Wirtschaftsministerin Katherina Reiche fordert längere Arbeitszeiten.

© REUTERS/Annegret Hilse

„Die Lebensarbeitszeit muss steigen“: Ministerin Reiche fordert von Deutschen mehr Arbeit und kritisiert Anreize für Frührente

Für die Wirtschaftsministerin ist es zu wenig, dass „wir nur zwei Drittel unseres Erwachsenenlebens arbeiten“. Sie fordert daher mehr Arbeit. Der CDU-Sozialflügel kritisiert Reiche indirekt als „Fehlbesetzung“.

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Die Deutschen müssen nach Einschätzung von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche länger und mehr arbeiten. „Der demografische Wandel und die weiter steigende Lebenserwartung machen es unumgänglich: Die Lebensarbeitszeit muss steigen“, sagte die CDU-Politikerin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. 

„Es kann jedenfalls auf Dauer nicht gut gehen, dass wir nur zwei Drittel unseres Erwachsenenlebens arbeiten und ein Drittel in Rente verbringen“, sagte Reiche. Leider verweigerten sich zu viele zu lange der demografischen Realität.

„Wir müssen mehr und länger arbeiten“, sagte Reiche. Es gebe viele Beschäftigte in körperlich anstrengenden Berufen. Es gebe aber auch viele, die länger arbeiten wollten und könnten. 

Zugleich forderte sie einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel, um längere Lebensarbeitszeiten attraktiver zu machen. „Wir müssen die Anreize für Frühverrentungen stoppen und Anreize dafür schaffen, länger zu arbeiten“, sagte Reiche.

Unternehmen berichteten ihr, dass ihre Beschäftigten am US-Standort 1800 Stunden pro Jahr arbeiteten, in Deutschland aber nur 1340 Stunden. „Im internationalen Vergleich arbeiten die Deutschen im Durchschnitt wenig“, kritisierte Reiche.

Was im Koalitionsvertrag an Reformen stehe, werde auf Dauer nicht reichen. „Die sozialen Sicherungssysteme sind überlastet. Die Kombination aus Lohnnebenkosten, Steuern und Abgaben machen den Faktor Arbeit in Deutschland auf Dauer nicht mehr wettbewerbsfähig“, sagte Reiche.

CDU-Sozialflügel umschreibt Reiche als „Fehlbesetzung“

Kritik an den Aussagen kommt vom CDU-Sozialflügel. CDA-Bundesvize Christian Bäumler sieht Reiche als Fremdkörper in der Bundesregierung. Ihre Forderungen hätten keine Grundlage im Koalitionsvertrag.

„Wer als Wirtschaftsministerin nicht realisiert, dass Deutschland eine hohe Teilzeitquote und damit eine niedrige durchschnittliche Jahresarbeitszeit hat, ist eine Fehlbesetzung“, sagte Bäumler.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) übte ebenfalls Kritik. Durch ein mögliches Credo, dass die Menschen länger arbeiten könnten, dürfe es nicht „zu einer Anhebung des Renteneintrittsalters durch die Hintertür kommen“, sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier.

Eine Stabilisierung des Rentensystems könne nur eine Erwerbstätigenversicherung bringen, die Beamte und Abgeordnete in die gesetzliche Rente einbeziehe.

Auch Kanzler Merz kritisiert Arbeitsumfang

Bereits Mitte Mai hatte auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, mehr zu arbeiten. „Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, sagte er auf dem CDU-Wirtschaftstag. „Mit Vier-Tage-Woche und Work-Life-Balance werden wir den Wohlstand dieses Landes nicht erhalten können.“

Er verwies darauf, dass die Verankerung der 40-Stunden-Woche im Arbeitszeitgesetz im Koalitionsvertrag mit der SPD vereinbart sei. Das müsse nun „ziemlich bald“ umgesetzt werden.

Einer Umfrage von Anfang Juni zufolge stimmt die Mehrheit der Bundesbürger den Aussagen zu, dass in Deutschland für mehr Wohlstand mehr gearbeitet werden muss. Allerdings ist demnach nur rund jeder Vierte auch bereit, selbst mehr zu arbeiten. (dpa)

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