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Die Union wirbt für mehr Patriotismus: Kann das funktionieren?
CDU und CSU wollen Patriotismus aufwerten und so die Verbundenheit zum eigenen Land sowie die Wertschätzung von Kultur, Geschichte und demokratischen Werten betonen. Drei Experten geben eine Einschätzung.
Stand:
Die CDU/CSU-Fraktion will „Verfassung und Patriotismus als verbindendes Band stärken“ und den „Tag des Grundgesetzes am 23. Mai als Gedenktag aufwerten“. Doch wird es der Partei gelingen? Das erklären uns drei Expert:innen. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.
Sinnvoll ist ein moderner Patriotismus für ein Einwanderungsland
Die Idee sorgte für Schlagzeilen: Ein „Bundesprogramm Patriotismus“ forderte die Unionsfraktion. Sie will die Sichtbarkeit der Flagge im öffentlichen Raum erhöhen und dafür sorgen, dass die Nationalhymne häufiger bei offiziellen Anlässen gesungen werden kann. Damit wollen CDU und CSU der Polarisierung im Land entgegenwirken und auch „hierzulande lebende Ausländer“ ansprechen. Man wolle das Thema nicht den „gesellschaftlichen Rändern“ überlassen, hieß es.
Gemeinsame Werte und eine geteilte Erzählung können Deutschland helfen, neue Bürger zu integrieren.
Maria Fiedler
Bei dem Antrag geht es der Union offenbar um Symbolpolitik – darum, für konservative und rechte Wähler attraktiv zu sein. Der Antrag springt aber zu kurz. Es ist zweifelhaft, ob Fahne und Hymne allein bereits positive patriotische Gefühle fördern.
Trotzdem macht die Union einen Punkt: Ein positiver Bezug zum eigenen Land kann dazu beitragen, dass sich Menschen für das Gemeinwohl engagieren. Gemeinsame Werte und eine geteilte Erzählung können Deutschland helfen, neue Bürger zu integrieren. Es würde sich lohnen, darüber zu diskutieren, wie ein moderner Patriotismus für ein Einwanderungsland aussehen könnte.
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Die Union sollte lieber die „wehrhafte Demokratie“ propagieren
Der beste Patriotismus ist der, den man hat, ohne dauernd davon zu reden. Man lebt ihn praktisch: durch Bürgerloyalität, Rechtsgehorsam, Interesse am Gemeinwohl, Wahlbeteiligung, Steuerehrlichkeit, Opferbereitschaft, Solidarität mit Schwächeren, Nachsicht für fehlbare Politiker, Widerstand gegen extremistische Hetze und imperialistische Bedrohung von außen.
Die am lautesten nach mehr Patriotismus rufen, haben oft wenig von alldem. Am penetrantesten erklingt das Kikeriki der Deutschlandliebe ausgerechnet aus der „Partei Moskaus“. Ein Christ sollte wissen: Die Vaterlandsliebe ist zwar „Dankespflicht“ (Weltkatechismus), im Ranking der Tugenden aber bei Weitem nicht die höchste.
Es befremdet, wenn die Werte-Rhetorik einer C-Partei statt christlicher Ideale den Patriotismus als Kassenschlager entdeckt.
Andreas Püttmann
Zudem kann sie schrecklich entarten. Es befremdet, wenn die Werte-Rhetorik einer C-Partei statt christlicher Ideale den Patriotismus als Kassenschlager entdeckt – wie übrigens schon 2004 CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer. Damals ein Rohrkrepierer. Es stünde der Partei besser, in turbulenten Zeiten die „wehrhafte Demokratie“, sozialen Zusammenhalt und Anstand gegen die grassierende Verrohung zu propagieren.
Bestimmte Formen des Nationalismus gehören zu einem funktinierenden Staat
Konservative Parteien scheitern mit ihren Versuchen, durch Patriotismus fördernde Maßnahmen Wähler von rechtspopulistischen oder rechtsextremen Parteien abzuwerben. AfD und Co. stehen für einen ethnischen, abstammungsbasierten Nationalismus, der klar definiert, wer nicht dazugehört. Für die CDU wird es schwer, Patriotismus ohne diesen unschönen Nationalismus zu fördern.
Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Zugehörigkeitsgefühl zu einem größeren Ganzen und dem Willen, etwas zu dieser Allgemeinheit beizutragen.
Rebecca Pates
Zudem verkennt diese Strategie die Gründe, warum Menschen AfD wählen: Die Partei verleiht völkischen Ressentiments Ausdruck. Viele ihrer Wähler fühlen sich durch Globalisierung und Modernisierung abgehängt und vom politischen System nicht repräsentiert. Nur durch Fahne-Schwenken holt man diese Menschen nicht zurück.
Nichtsdestotrotz sind bestimmte Formen des Nationalismus tatsächlich notwendig für einen funktionierenden Staat. Es gibt nämlich einen Zusammenhang zwischen dem Zugehörigkeitsgefühl zu einem größeren Ganzen und dem Willen, etwas zu dieser Allgemeinheit beizutragen – darunter fallen Steuern zahlen und sich an Gesetze halten.
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