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Politik: Ein Fall für „Cobra“

Wegen der Großaktion in Heathrow muss sich Londons Innenminister im Parlament rechtfertigen

Während hoch über den Wolken Londons ein mit Spionageelektronik vollgestopftes Aufklärungsflugzeug der Royal Air Force vom Typ „Nimrod“ kreiste, musste der britische Innenminister David Blunkett im Unterhaus am Donnerstag den dramatischen Einsatz von Armee- und Polizei am internationalen Londoner Flughafen Heathrow und anderen möglichen Terrorzielen rechtfertigen. Nach Informationen, die am Donnerstag aus Sicherheitskreisen durchsickerten, sollen Al-Qaida-Mitglieder eine Sam-7-Rakete ins Land geschmuggelt haben. Der britische Geheimdienst MI5 hatte diese Informationen am Wochenende an die Londoner Polizei weitergegeben. Diese leitete sofort eine in diesem Umfang beispiellose Großaktion ein. Über 1700 zusätzliche Polizisten und hunderte von Armeesoldaten sind im Einsatz. Der Flughafenbetreiber BAA hatte in den vergangenen Monaten bereits 2000 zusätzliche Sicherheitsbeamte eingestellt.

Der Innenminister wies entschieden Vorwürfe zurück, es handle sich um Polit-Propaganda, um den umstrittenen Irak-Kurs von Premierminister Tony Blair plausibler zu machen. Die Bedrohung sei real, sagte Blunkett, der auf Drängen der Oppositionsparteien ins Unterhaus zitiert wurde. „Wo wir spezifische Warnungen haben, handeln wir, um die Gefahr zu verringern". Blunkett verweigerte aber nähere Angaben mit Hinweisen auf die Sicherheitssituation. „Die Terroristen dürfen nicht herausfinden, was wir wissen und wie wir es wissen".

Mit Panzerfahrzeugen und Straßensperren wird vor allem die Start- und Landeschneise von Heathrow nach Westen Richtung Schloss Windsor abgesichert. Dörfer unter den Flugrouten befinden sich fast im Belagerungszustand. Am Mittwoch war zeitweise erwogen worden, den Flughafen Heathrow ganz zu schließen. Eine Flugabwehrrakete vom Typ Sam 7 wurde im letzten Jahr bei dem gescheiterten Raketenangriff auf ein israelisches Passagierflugzeug in Kenia eingesetzt. Die Rakete sucht ihr Ziel durch Hitzesensoren. Flugzeuge sind vor allem beim Start und beim Landeanflug gefährdet.

Berichten zufolge kamen die Hinweise von Quellen in Großbritannien selbst und haben sich durch ihre Präzision von den normalen „Hintergrundgeräuschen" unterschieden, die Geheimdienste routinemäßig abhören. Das Krisenkabinett für die innere Sicherheit, „Cobra", trat unverzüglich zu einer Sitzung zusammen. Auch der Londoner Polizeichef, John Stevens, wies Vorwürfe von „propagandistischer Panikmache" empört zurück.

Auch Ziele in London selbst sind offenbar bedroht. Stevens schloss nicht aus, dass Soldaten auch für den Einsatz in der Stadt selber angefordert werden. Die Polizei steht bereits wegen der für Samstag angekündigten Antikriegsdemonstration unter extremem Druck.

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