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Politik: Ein guter schlechter Start

Das neue Verbraucherportal ist begehrt – aber auch nach zehn Tagen zu schwach besetzt für den Ansturm

Berlin - Der Erfolg hat sie überrollt: Seit zehn Tagen ist das Internetportal www.lebensmittelklarheit.de freigeschaltet und soll Klarheit über die Zutaten in der Nahrung schaffen. Wie dem riesigen Interesse begegnet werden soll, das der Seite bereits seit den ersten Tagen zuteil geworden ist, bleibt jedoch weiter unklar.

Die Seite war kurz nach dem Start unter dem Ansturm der Nutzer tagelang zusammengebrochen. Nun stehen die Mitarbeiter vor einer Flut von Anfragen. „Zur- zeit entwickeln wir ein erweitertes Bearbeitungskonzept und werden jetzt kurzfristig von acht bis zehn Verbraucherzentralen bei unserer Arbeit unterstützt“, sagt Hartmut König, Leiter der Verbraucherzentrale Hessen, die das Portal betreibt. Während die anderen Verbraucherzentralen Mitarbeiter zur Verfügung stellen, wollte der Bundesverband der Verbraucherzentralen sich zu einer Forderung nach Neueinstellungen nicht äußern. Der Verband verwies auf die laufende interne Evaluierung der vergangenen Tage.

Nach anfänglich 2500 E-Mails über das Wochenende ist die Zahl der eingehenden Anfragen zurückgegangen und liegt derzeit bei rund 150 täglich. Bisher sind für die Bearbeitung zweieinhalb Stellen eingeplant. Doch dass die wenigen Mitarbeiter ausreichen, ist unwahrscheinlich: Acht Stunden Arbeit dauert die Bearbeitung im Schnitt, so die Verbraucherzentrale in Hessen. Selbst wenn von den 150 Einsendungen zwei Drittel aus verschiedenen Gründen wegfallen, blieben rund 50 Beschwerden übrig. Legt man die acht Stunden Bearbeitungszeit zugrunde, fallen rund 400 Arbeitsstunden am Tag an.

Der Sprecher des Verbraucherministeriums, Robert Schaller, wollte sich an dieser Rechnung oder Spekulationen über eine Erhöhung der Mittel nicht beteiligen: „Wir werden zum richtigen Zeitpunkt Bilanz ziehen und bis dahin nicht über eine Aufstockung spekulieren.“ Auch der verbraucherpolitische Sprecher der FDP wies Mutmaßungen über eine unzureichende Besetzung zurück: „Im Moment sehe ich keinen Bedarf, mehr Mitarbeiter einzusetzen. Ob nach einer Evaluation zum gegebenen Zeitpunkt mehr Mittel bereitgestellt werden müssen, hängt davon ab, wie sich die Lage dann darstellt." Die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD im Bundestag, Elvira Dobrinski-Weiß, erklärte: „Ich bin prinzipiell froh, dass das Portal auf den Weg gebracht worden ist und möchte ihm die Chance geben, sich zu entwickeln. Wenn die Mitarbeiterzahlen aber nicht ausreichen sollten, muss das Verbraucherministerium die Mittel aufstocken, wenn die Idee ernst gemeint ist.“

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn kritisierte das Haus von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU): „Wenn man das wirklich ernsthaft anpacken möchte, müsste man das Projekt besser ausstatten. Gerade am Anfang muss man mehr Personal einstellen, damit die Leute nicht gleich frustriert sind. Dieser starke Zustrom hätte berücksichtigt werden müssen. Ob die Mittel später, wenn es sich beruhigt hat, ausreichen, kann man dann immer noch entscheiden.“

Das Verbraucherportal war am Mittwoch letzter Woche gestartet und wurde teilweise 20 000 Mal pro Sekunde angeklickt. Ziel der Seite ist es nach Angaben des Verbraucherministeriums, einen Dialog zwischen Verbrauchern und Herstellern zu fördern. Das Ministerium unterstützt das Portal in den nächsten beiden Jahren mit rund 750 000 Euro.

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