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Politik: „Eine Sache für den Staatsanwalt“

Der Humangenetiker Claus Bartram über Klonversuche

Die RaelianerSekte behauptet, bereits zwei geklonte Kinder zur Welt gebracht zu haben, drei weitere würden bald geboren. Wie bewerten Sie diese Versuche?

Zunächst muss man festhalten, dass schon der Versuch des Klonens eines Menschen eine kriminelle Handlung ist – unabhängig von den aktuellen Erfolgsaussichten. Aus praktischen und ethischen Gründen: Wenn man ein Lebewesen klonen möchte, muss man viele Hundert Fehlversuche in Kauf nehmen. Auch bei lebend geborenen Tieren treten zahlreiche Gesundheitsstörungen auf. Dies ist beim Menschen keinesfalls vertretbar. Wenn es technisch besser möglich wäre, würde ich es aber auch ablehnen, denn unsere Fortpflanzung beruht darauf, dass wir uns geschlechtlich fortpflanzen und damit die Chance bekommen, ein genetisch individuelles Lebewesen zu werden. Klonen ist eine ungeschlechtliche Form der Vermehrung, die in der Natur für uns nicht vorgesehen ist und von der ich meine, dass ein Kinderwunsch sie nicht rechtfertigt.

Glauben Sie, dass die Klonversuche geglückt sind?

Das wäre mit einem genetischen Fingerabdruck sehr einfach zu klären. Der ist ja schon beim ersten Kind verweigert worden. Bevor dieser Test nicht von unabhängiger Stelle bewiesen ist, glaube ich diesen Leuten gar nichts. Das Klonen ist im Tierversuch so oft daneben gegangen, dass ich nicht annehme, dass es wenige Monate nach einer Ankündigung dieser obskuren Sekte schon gelungen sein sollte. Das halte ich für wenig wahrscheinlich. Aber allein die Ankündigung ist meines Erachtens ein Fall für die Staatsanwaltschaft.

In Amerika ist Klonen kein Verbrechen.

Es ist ein eklatanter Verstoß gegen die Menschenwürde. Wir haben ja nicht für alles Gesetze. Das sind Menschenversuche der schlimmsten Art. Insofern verstehe ich auch nicht, warum dem Frauenarzt Antinori, der ja auch Menschen klonen will, nicht die Approbation entzogen wird. Allein mit der Ankündigung hat er gegen Grundprinzipien ärztlichen Ethos verstoßen.

Haben denn Wissenschaftler und Ärzte angemessen auf die Klonversuche reagiert?

Ob wir nun weltweit ein Klonverbot haben oder nicht: ich kenne keinen vernünftigen Menschen, der das reproduktive Klonen bejaht. Aber mich wundert, dass man nicht gegen diesen Herrn Antinori oder diese Sekte gerichtlich vorgeht.

Wie bewerten Sie das therapeutische Klonen?

Das sehe ich grundsätzlich anders. Ich gehöre zu den Wissenschaftlern, die die embryonale Stammzellforschung befürworten, natürlich in engen Grenzen und mit strikten Auflagen. In diesem Zusammenhang kann auch das therapeutische Klonen eine Option sein, die allerdings noch weit von einer klinischen Anwendung entfernt ist. Deshalb könnte ich mir gut vorstellen, dass man eine Wartezeit für das therapeutische Klonen einführt, um noch Erfahrungen im Tiermodell zu sammeln. Aber prinzipiell würde ich diese Therapiestrategie nicht ablehnen.

Befürworter des reproduktiven Klonens könnten einwenden, dass sie einen neuen Menschen erschaffen. Beim therapeutischen Klonen wird der Embryo dagegen vernichtet.

Das sind zwei verschiedene Ebenen, die man nicht vergleichen kann. Ich bin gegen das Klonen eines Menschen als Lebewesen. Ich glaube, dass in der Abwägung der Güter ein Kinderwunsch nicht dieses Überschreiten unserer biologischen Prinzipien rechtfertigt. Das sehe ich anders, wenn ich aus medizinischen Gründen eine Zell-Reprogrammierung in einen quasi-embryonalen Zustand vornehme – eine Befruchtung von Ei und Samenzelle hat ja nicht stattgefunden – und hieraus embryonale Stammzellen gewinne, ohne jemals ein Kind erzeugen zu wollen.

Das Interview führte Hartmut Wewetzer

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