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Horst Seehofer (CSU), Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat.

© Carsten Koall/dpa

Der Migrationsbericht ist aus der Zeit gefallen: Endlich Migration und Integration zusammendenken!

Der Migrationsbericht ist informativ. Das wirkt Kraut-und-Rüben-Diskussionen entgegen. Aber die Gesellschaft braucht Antworten auf andere Fragen, meint unsere Kolumnistin.

Vor wenigen Tagen erschien der Migrationsbericht 2019, vorgelegt vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Eine Fundgrube an Zahlen und wissenswerten Erläuterungen, wie es um die jährliche Entwicklung der Ein- und Auswanderung von Ausländern und von Deutschen bestellt ist.

Es mutet zwar merkwürdig an, dass im Inhaltsverzeichnis diese Begriffe gar nicht vorkommen, sondern durchgängig von Zuwanderung und Abwanderung die Rede ist. Vermutungen, warum das so ist, lassen sich gewiss anstellen, nur ändert das nichts daran, dass sich Deutschland inzwischen nach den USA zum zweitgrößten Zielland für internationale Wanderung profiliert hat. Die im Ausland geborene Bevölkerung stieg von 8,9 Millionen im Jahr 2000 auf 13,1 Millionen in 2019. Auch diese Entwicklung bleibt ungenannt.

Was das immense Zahlenwerk auf den mehr als 300 Seiten aber auszeichnet, ist die Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Einwanderungsgruppen: Die Einwanderung zu Erwerbszwecken oder zu Ausbildung und Studium (teilweise temporär) sowie zur Familienzusammenführung und aus humanitären Gründen (Flucht, Asyl). 

Auch die wieder zunehmende irreguläre Einwanderung (Einreise ohne gültige Dokumente im Zusammenhang mit einer Asylbewerbung) findet Erwähnung. Diese Differenzierung ist das wohltuende Gegenteil vieler öffentlicher Kraut-und-Rüben-Diskussionen, wo alle Migrantengruppen in einen Topf geworfen werden.

Und dennoch ist das Schicksal dieses jährlichen Berichts kläglich. Er schmort digital oder in Print im Dornröschenschlaf vor sich hin. Wenn Zeit dafür ist, erfolgt eine Beratung im Innenausschuss des Parlaments. Mehr nicht. Und das geht schon seit neunzehn Jahren so. 

Ähnliches ist zu beobachten beim Integrationsbericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration. Genau vor einem Jahr wurde der zwölfte veröffentlicht: „Deutschland kann Integration“.

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So informativ beide Berichte sind, sie sind aus der Zeit gefallen. Innovativ wäre, zu erkennen, dass Migration und Integration zusammengehören, auch in der Darstellung, Vermittlung und Kommunikation. Integrationserfolge hängen wesentlich davon ab, wie viele Einwanderer mit welchen Qualifikationen in welchen Zeiträumen ins Land kommen.

Was zählt ist auch, dass der Einwanderungsdruck nach wie vor hoch ist und Deutschland als Zielland begehrt bleibt. Das Aufenthalts- und Integrationsgesetz von 2008 kann da nicht mehr mithalten. Es muss dringend erneuert werden, auch weil die Aufnahmegesellschaft (dazu gehören heute schon Millionen Eingewanderte) wissen will, ob und wie sich ihre Lebensverhältnisse verändern. 

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