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Die Schauspielerin Alyssa Milano

© Angela Weiss / AFP

Aufruf zum Sex-Streik in USA: Enthaltsamkeit ist auch keine Lösung

Ist ein "Sex-Streik" sinnvoller Protest gegen rigide Abtreibungsgesetze? Nein, denn Frauen reduzieren sich so freiwillig auf das Körperliche. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Löhe

Ist Sex etwa Arbeit? Das jedenfalls impliziert die Schauspielerin Alyssa Milano: Sie hat Frauen im US-Bundesstaat Georgia zu einem Sex-Streik aufgerufen. Damit soll gegen ein Abtreibungsgesetz protestiert werden, das dort im Januar in Kraft treten soll.

Nun mag die Intention ehrenhaft sein, dadurch den Anachronismus an den Pranger zu stellen, dass sich Männer anmaßen, Frauen die Kontrolle über ihren eigenen Körper entziehen zu können. Denn das sogenannte „Heartbeat“-Gesetz verbietet Abtreibungen ab der sechsten Schwangerschaftswoche – Frauen wissen da mitunter selbst nicht, dass sie ein Kind erwarten. Und tatsächlich ist das Gesetz nur einer von mehreren Versuchen, mit dem Konservative in den USA die Uhren zurückdrehen wollen. Auch in Alabama sollen Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stehen, sobald der Herzschlag des Fötus nachweisbar ist. In Ohio, Kentucky und Mississippi gab und gibt es ähnliche Vorstöße, die teilweise bereits von Gerichten wieder kassiert wurden.

Abtreibungsgegner in den USA würden das Thema gerne vor dem Obersten Gerichtshof sehen: Trump hat dafür gesorgt, dass dort mit Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh die konservativen Richter eine Mehrheit haben. Die „ProLife“-Bewegung hofft deshalb, eine Grundsatzentscheidung von 1973 kippen zu können, mit der Abtreibungen liberalisiert wurden.

Anachronistisch und politisch fehlgeleitet

Doch so falsch diese mögliche Entwicklung ist, so anachronistisch und politisch fehlgeleitet scheint es auch, ihm mit einem Sex-Streik zu begegnen. Frauen reduzieren sich auf das Körperliche, und das auch noch freiwillig. Bei einem Sex-Streik nehmen Frauen genau die Position ein, die ihnen sonst von Männern schon seit Jahrhunderten nur allzu gerne zugewiesen wird. Nämlich die des Objekts – beim Sex, aber auch in anderen gesellschaftlichen Lebensbereichen.

Der Vorschlag von Alyssa Milano wird so nun auch seit Tagen in den Sozialen Medien kontrovers diskutiert: Das Ziel des Streiks bleibe auf den Mann als Akteur ausgerichtet. Ein Sex-Streik unterstelle, dass Frauen selbst keine Freude am Geschlechtsverkehr haben, damit kopiere man lediglich die Perspektive und das Denkmuster der Abtreibungsgegner, also der Prediger der Enthaltsamkeit – und für die ist Sex nicht in erster Linie geprägt von Lust und Leidenschaft. Sondern dient zuvorderst dem Kinderkriegen.

Kann solch ein Frauenbild wirklich im Sinne des aufgeklärten Feminismus sein? Nein. Aber immerhin ist Alyssa Milano eines gelungen: durch eine Provokation eine Debatte zu entfachen und viel Aufmerksamkeit darauf zu lenken, wie in den USA bereits sicher geglaubte Frauenrechte wieder angegriffen werden.

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