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Afghanistan-Einsatz: Erneuter Anschlag auf Bundeswehr

Vier Tage nach dem tödlichen Anschlag auf die Bundeswehr in Afghanistan ist erneut eine deutsche Patrouille angegriffen worden - verletzt wurde glücklicherweise keiner der Soldaten. Dennoch wächst bei deutschen Politikern die Sorge, dass nach den tödlichen Schüssen auf Zivilisten die Gefahr für deutsche Soldaten größer wird.

Im Norden Afghanistans ist erneut ein Anschlag auf die Bundeswehr verübt worden. Östlich von Kundus wurde am Sonntag eine improvisierte Sprengladung gezündet, wie ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam mitteilte. Keiner der Soldaten wurde verletzt. An den Fahrzeugen richteten die Splitter leichte Schäden an. Die Patrouille konnte ihre Fahrt auf der Verbindungsstraße nach Taloqan fortsetzen. Der Sprecher bestätigte damit eine Meldung von "Spiegel Online".

Erst am vergangenen Mittwoch war ein Soldat bei einem Anschlag auf eine Patrouille in dem gleichen Gebiet getötet worden - der 28. deutsche Soldat, der beim Afghanistan-Einsatz bislang ums Leben gekommen ist.

Sorge um Sicherheit der Soldaten wächst

Angesichts der tödlichen Schüsse an einer Straßensperre der Bundeswehr in Afghanistan hatten sich deutsche Politiker zuvor besorgt geäußert, dass die Gefahr für die dort stationierten deutschen Soldaten weiter wachsen könnte. Bei dem Beschuss eines zivilen Autos, das an einem Kontrollpunkt plötzlich wieder anfuhr, waren am späten Donnerstagabend eine Frau und zwei Kinder erschossen worden. Zwei weitere Kinder wurden schwer verletzt. Die Bundeswehr geht inzwischen davon aus, dass wahrscheinlich deutsche Soldaten die Schüsse abgaben.

Die Folgen des "bedauerlichen Unfalls" seien "dramatisch", da jetzt die Wahrnehmung der Bundeswehr als Besatzertruppe wieder in den Vordergrund rücken könne, sagte der stellvertretende Vorsitzender der SPD-Fraktion, Walter Kolbow, der "Welt am Sonntag". Bisher habe die Truppe in Afghanistan eher den Ruf von Helfern gehabt. "Jetzt hat uns auch die 'Täterrolle' erreicht", sagte er. Doch auch wenn die Gefahr für die deutschen Soldaten wachse, gebe es keinen Grund, am Afghanistan-Einsatz der Deutschen zu zweifeln, fügte Kolbow hinzu.

Überprüfung des Mandats im Gespräch

Auch der sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei, warnte in der "Welt am Sonntag": "Es droht jetzt eine Eskalation der Wahrnehmung: Bundeswehr und Bevölkerung dürfen nicht immer mehr Angst voreinander bekommen. Dann steigt die Nervosität auf beiden Seiten und damit auch die Gefahr neuer Unglücke." Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen warnte vor einer Vorverurteilung: "Noch gibt es keine Hinweise, dass die deutschen Soldaten Fehler gemacht haben. Wenn an einem Checkpoint nicht gehalten wird, müssen die Soldaten sich selber schützen dürfen", sagte er der Zeitung.

Der SPD-Außenpolitiker Gert Weisskirchen bringt derweil eine Überprüfung des Afghanistan-Mandats der Bundeswehr ins Gespräch: "Wir müssen eine strikte und schonungslose Prüfung des Vorfalls vornehmen und gegebenenfalls entscheiden, ob die Qualität des Mandates geändert werden muss." Weiter sagte er: "Wenn Soldaten aggressiv die Grenzen dieses Mandats überschritten haben, dann muss das Folgen haben."

Roth gegen sofortigen Afghanistan-Rückzug

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hat sich unterdessen trotz des Zwischenfalls gegen einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus der internationalen Schutztruppe Isaf aausgesprochen. Sie glaube, "dass das übereilt wäre", sagte sie am Sonntag dem ARD-"Bericht aus Berlin". Der Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele hatte sich zuvor für einen schnellen Abzug ausgesprochen.

Roth teilt aber grundsätzlich Ströbeles Lageeinschätzung: "Militärisch ist die Situation in Afghanistan nicht in den Griff zu bekommen." Sie beklagt, dass die Bundesregierung einen Strategiewechsel zu mehr zivilem Engagement versprochen habe, aber nichts passiere. "Wir brauchen einen Wiederaufbau, und zwar auf allen Ebenen: Polizei, Infrastruktur, dass die Menschen merken, es geht nach vorne", erklärte Roth.

Leiche des getöteten Bundeswehrsoldaten in Köln

Die Leiche des am vergangenen Mittwoch bei einem Anschlag in Afghanistan getöteten Bundeswehrsoldaten ist derweil nach Deutschland überführt worden. Wie die Bundeswehr bereits am Samstag mitteilte, trafen die sterblichen Überreste des Soldaten am Abend mit einer Luftwaffen-Maschine am Flughafen Köln-Wahn ein, wo die Angehörigen warteten. Der Soldat war am Mittwoch bei Kundus im Norden Afghanistans ums Leben gekommen, als eine Sprengfalle neben seiner Patrouille explodierte. Drei weitere Soldaten waren dabei verletzt worden.

Die Trauerfeier für getöteten Soldaten soll am Montag in Zweibrücken stattfinden. Dort ist das Fallschirmjägerbataillon stationiert, zu dem der Soldat gehörte. (jam/dpa/AFP)

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