Erst Flüchtlingshilfe, dann Hummeressen?: Hamburger Grünen-Chefin entschuldigt sich für Irritationen während eines Malta-Besuchs
Ermittlungen gegen ihren Ex-Partner setzen die Hamburger Justizsenatorin und Grünen-Politikerin Anna Gallina unter Druck. Der Vorwurf der Doppelmoral steht im Raum.
Ein Solidaritätsbesuch auf einem Flüchtlingsschiff, ein Hummer-Essen auf Staatskosten und Unterschlagungsermittlungen gegen ihren früheren Lebensgefährten - es ist eine gefährliche Kombination von Vorwürfen, mit denen sich die Hamburger Justizsenatorin und Grünen-Landesvorsitzende Anna Gallina gegenwärtig herumschlagen muss.
Auch für die Bundespartei kann der Fall aus der Hansestadt und ein zweiter aus Baden-Württemberg zum Imageproblem werden. Die Partei tritt für ein Tempolimit eint, der grüne Umweltminister Franz Untersteller wurde aber gerade mit 177 Stundenkilometer auf einer Autobahn erwischt wurde, auf der nur Tempo 120 erlaubt ist. Nun schlägt in den sozialen Netzwerken die Erregung unter dem Titel grüne Doppelmoral hohe Wellen. Gegner der Ökopartei schlachten beide Geschichten genüsslich gemeinsam aus.
Auf dem Bewirtungsbeleg standen Kinder-Spaghetti
Schon im Mai wurde Gallinas Ex-Lebenspartner Michael Osterburg angezeigt, seither läuft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn. Als Vorsitzender der Grünen-Bezirksfraktion Hamburg- Mitte soll er jahrelang Fraktionsgelder für private Ausgaben verwendet und so veruntreut haben. Im Raum steht eine Summe von insgesamt knapp 70 000 Euro.
Erst neue Details aus den Ermittlungen aber führen dazu, dass die Hamburger Lokalposse bundesweite Aufmerksamkeit findet. Die Verbindung von Flüchtlingshilfe und einem Hummer-Essen macht aus dem Kriminalfall eine Politgroteske.
Gallina war im Mai 2017 nach Malta gereist, um zwei Wochen auf dem Flüchtlingsschiff „Sea Eye“ zu verbringen und bei der Rettung Schiffbrüchiger mitzutun. Doch das Schiff musste mit einem Maschinenschaden vorzeitig umkehren. Osterburg hielt sich zu dem Zeitpunkt auch auf Malta auf. Glaubt man Hamburger Medien, gingen beide in einem Fischrestaurant essen. Es gab Hummer, Osterburg ließ sich die Rechnung über 250 Euro angeblich von der Fraktionskasse, also vom Steuerzahler, erstatten.
Laut Hamburger Medien stammen die meisten Belege aus einem italienischen Restaurant im direkt im früheren Wohnumfeld Gallinas und Osterburgs in Hamburg. Die Essen seien häufig als Hintergrundgespräche mit Journalisten abgerechnet worden. Dabei standen auch Spaghetti Bolognese für Kinder auf dem Beleg. Gallina hat drei Kinder, darunter ein gemeinsames mit Osterburg. Auch wenn die Grünen-Politikerin nicht Mitwisserin möglicher Unterschlagungen war, könnte sie von diesen doch profitiert haben.
Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigte, man prüfe eine Vielzahl von Belegen, unter anderem einen über ein Hummeressen. Dasselbe gelte für einen Beleg über den Kauf von 40 Rosen. Die soll Osterburg Gallina zum Geburtstag geschenkt haben. Ob die Politikerin an dem Hummeressen teilnahm ist laut Staatsanwaltschaft so wenig belegt wie das Rosengeschenk. Aus Grünen-Kreisen verlautet, Gallina möge keine Krustentiere.
„Es tut mir sehr leid, dass rund um meinen humanitären Einsatz im Mittelmeer in der Öffentlichkeit ein so negativer Eindruck entstanden ist“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende am Freitag.
Sie könne sich an einen Restaurantbesuch mit mehreren Personen einige Tage nach der Rückkehr von dem Einsatz auf See erinnern, „bei dem von anderen Hummer bestellt wurde“, sagte sie. Sie selbst esse aber keinen Hummer. „Gleichwohl habe ich Verständnis dafür, dass ein solches Essen Irritationen und Empörung bei den Menschen hervorruft. Dafür möchte ich mich ausdrücklich entschuldigen.“ Sie sei auf Malta gewesen, um Menschen in Not zu helfen. „Dieses Engagement ist seit Jahren Kern meiner politischen Arbeit und darüber hinaus.“
Die Senatorin findet es aber wichtig, dass die Vorwürfe aufgeklärt werden, und mischt sich angeblich nicht in die Arbeit ihr unterstellter Justizbehörden ein. Bislang wurde sie in dem Ermittlungsverfahren nicht als Zeugin gehört. Die Opposition bezeichnet die Justizsenatorin dagegen längst als befangen und spricht von einem Skandal, der den rot-grünen Senat belaste.
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