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Politik: Erster Machtkampf bei Palästinensern

Jüngere Politiker lehnen sich gegen Arafat-Vertraute auf und blockieren Kabinettsliste von Premier Kurei

Die Regierungskrise in den Palästinensergebieten schwelt weiter. Bereits zum dritten Mal ist es dem bisherigen palästinensischen Ministerpräsidenten Ahmed Kurei nicht gelungen, ein neues Kabinett durchzusetzen. Nun droht er mit Rücktritt – und Abgeordnete seiner Fatah-Fraktion drohen, ihn zu stürzen. Seit einer Woche versucht Kurei vergeblich, die Zustimmung des Palästinensischen Legislativrates PLC für eine neue Regierung unter seiner Führung zu gewinnen. Am Mittwoch sah er sich gezwungen zum dritten Mal um eine Verschiebung der Vertrauensabstimmung nachzusuchen, weil offensichtlich keine Mehrheit für die abgeänderte Ministerliste vorhanden war. Auch wächst offenbar die Opposition gegen seine Person.

Kurei sprach wütend von einer Verschwörung gegen ihn selbst – und zwar in der regierenden Fatah-Fraktion. Diese verfügt im 84-köpfigen Autonomieparlament über eine absolute Mehrheit, doch ist intern gespalten. Auf der einen Seite die alten, aus dem Exil zurückgekehrten Anhänger Arafats und Kureis, welche ihre Pfründen behalten wollen. Auf der anderen Seite die in den besetzten Gebieten verbliebene „mittlere Generation“ und die jüngeren Intifada-Kämpfer, welche Reformen fordern und die Korruption bekämpfen wollen.

„Die loyalen Söhne von Jassir Arafat“, welche Kurei unterstützen, haben in Flugblättern der „Jungen Garde“ offen gedroht: „Unsere Geduld ist begrenzt.“ Kureis Gegner in Parlament und Fatah werden ihrerseits beschuldigt „die Gelder der Nation zu stehlen“ und „Verbindungen zum Sicherheitsapparat des Feindes“ zu unterhalten.

Ganz offensichtlich zielen diese Vorwürfe gegen die beiden führenden „Jung-Falken“, nämlich die beiden ehemaligen Sicherheitschefs Dschiril Radschub und Mohammed Dahlan. Ersterer gilt als Drahtzieher der Opposition gegen Kurei, Dahlan wiederum als Vertrauensmann des Präsidenten Mahmud Abbas.

Kurei soll sich nun entschlossen haben, am heutigen Donnerstag keine neue Ministerliste zu präsentieren. Ein solcher Schritt käme jedoch einer Demission gleich. Präsident Abbas würde einen Rücktritt Kureis wohl annehmen, weil die beiden ehemaligen Weggefährten inzwischen über Kompetenzfragen und die Zusammenstellung des Kabinetts total zerstritten sind. Am Mittwochnachmittag jedoch mischte sich Abbas erstmals öffentlich in die Krise ein. Er bat Kurei, der sich in seiner Kanzlei verbarrikadiert hatte, sich möglichst rasch mit der Fatah-Spitze zu treffen, um gemeinsam einen Ausweg aus der Krise zu finden.

Falls dies nicht gelingt, so könnte Abbas, der einen Schlussstrich unter die Ära Arafat ziehen will, schon am Donnerstag einen anderen Politiker mit der Regierungsbildung beauftragen. Die besten Chancen werden dem hochangesehenen Finanzminister Salam Fayyad eingeräumt. Fayyad gilt als der wohl einzige Saubermann in der Regierung. Er würde sich weitgehend auf interne Reformen und die Korruptionsbekämpfung konzentrieren, so dass die Verhandlungsführung mit Israel und die Sicherheitskompetenzen praktisch komplett bei Abbas liegen würden.

Der israelische Vizeministerpräsident Schimon Peres rief unterdessen die Siedler im Gazastreifen auf, ihre Häuser, Geschäfte und Fabriken vor dem Abzug im Juli nicht zu zerstören, sondern an die Palästinenser zu verkaufen.

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