Politik: Es lohnt sich noch nicht
Wie hoch sollen die Tarife in welchen Branchen mindestens sein? Die Koalition streitet weiter
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Im Dauerstreit um die Einführung von Mindestlöhnen in Deutschland liegen die Positionen von Union und SPD in einem zentralen Punkt nach wie vor weit auseinder. Das resümierten die Arbeitsmarktpolitiker beider Regierungsfraktionen nach dem Gespräch am Mittwoch abend. Es geht dabei um die Frage, wie in Zukunft darüber entschieden werden kann, ob in einer Branche ein bundesweiter Mindestlohn gelten soll. Während die SPD-Seite darauf dringt, das Verfahren zu erleichtern, lehnt die Union einen verstärkten Einfluss der Politik bisher kategorisch ab.
Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) hat bereits als langfristiges Ziel erklärt, dass es in allen Branchen den Unternehmen nicht mehr erlaubt werden soll, Löhne unterhalb eines branchenbezogenen Mindestlohnes zu zahlen. Vorerst hatte Müntefering zehn Branchen dafür identifiziert. Neben dem Einzelhandel, Hotels und Gaststätten, dem Fleischerhandwerk, Friseuren, Land- und Forstwirtschaft steht das Entsorgungs- und das Sicherheitsgewerbe auf Münteferings Liste. Allein in den beiden letztgenannten Branchen, hieß es am Donnerstag in der Union, könne man sich vorstellen, mittelfristig zu allgemeinverbindlichen Lohn-Untergrenzen zu kommen.
Nach geltendem Recht müssen eine Reihe von formalen Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Tariflohn von der Bundesregierung als allgemeinverbindlich und damit bundesweit bindend erklärt werden kann. Es muss einerseits ein öffentliches Interesse daran festgestellt sein, zudem muss der entsprechende Tarifvertrag für mindestens 50 Prozent der Branchenmitarbeiter gelten. Die größte Hürde ist jedoch der so genannte Tarifausschuss, der die Allgemeinverbindlichkeit absegnen muss, ein von Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch besetzter Bundesausschuss.
An der Funktion dieses Tarifausschusses will die Union auf keinen Fall rütteln, während die SPD dem Arbeitsminister das Recht einräumen will, die Allgemeinverbindlichkeit von Löhnen per Rechtsverordnung zu erklären. In beiden Koalitionsfraktionen hieß es am Donnerstag, die Positionen seien in dieser Frage nach wie vor unversöhnlich. „Wir haben noch einen harten Weg vor uns“, sagte SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler. In der Grundfrage, wie man Menschen „vor dem Fall nach unten schützen könne“, sei man „noch lange nicht am Ziel“. Die Regierungschefs von Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, Georg Milbradt, Dieter Althaus und Wolfgang Böhmer (alle CDU), lehnten derweil sowohl flächendeckende als auch branchenspezifische Mindestlöhne ab.
Ebensoweit auseinander scheinen die Koalitionspartner nach wie vor in der Frage, wie eines Verbotes sittenwidriger Löhne und die Einführung einer Lohnanteilsschranke gesetzlich geregelt werden können. Die Schranke soll untere Lohngrenzen für Unternehmen einziehen, die vom Arbeitsamt Lohnzuschüsse erhalten. Hier streiten die Arbeitsmarktpolitiker nicht nur über Details, sondern auch über die Frage, welchen praktischen Sinn solche Regelungen überhaupt haben. Ein nächstes Treffen der Unterhändler ist für Ende April vereinbart.
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