
© Thilo Rückeis
Sofia unter Beobachtung: EU-Kommission überwacht Bulgarien weiter
Die EU-Kommission hält das Justizsystem in Bulgarien auch weiterhin nicht für unabhängig genug. Deshalb steht das osteuropäische Land weiter unter Beobachtung.
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Nach den Worten der EU-Justizkommissarin Vera Jourová wird die EU-Kommission unter der Führung von Jean-Claude Juncker weiter an einer Überwachung Bulgariens festhalten. Das osteuropäische Land soll auch weiterhin im Rahmen des so genannte Kooperations- und Verifizierungsmechanismus (CVM) überprüft werden.
Am vergangenen Freitag hat die EU-Kommission zum siebten Mal in Folge ihr jährliches „Justice Scoreboard“ veröffentlicht. Die Initiative bewertet die Unabhängigkeit, Qualität und Effizienz der Justizsysteme in allen EU-Mitgliedstaaten.
Die EU befindet sich in einer schwierigen Phase, in der mehrere Mitgliedstaaten als rechtsstaatlich problematisch eingestuft werden. Polen und Ungarn unterliegen einem Verfahren nach Artikel 7, während Rumänien, das den rotierenden Vorsitz im Rat der EU innehat, nicht weit davon entfernt ist.
Nur zwei EU-Länder stehen unter dem so genannten „Kooperations- und Verifikationsmechanismus“, kurz CVM. Der Mechanismus wurde 2007 eingeführt und ist noch nicht abgeschlossen. Im letzten Bericht vom vergangenen November hat die Kommission auf einige ernsthafte Bedenken gegenüber Rumänien hingewiesen. Kommissionspräsident Juncker hatte bei seinem Amtsantritt vor fast fünf Jahren signalisiert, dass er den CVM-Mechanismus während seiner Amtszeit abschließen möchte.
Premier Borissow tat wenig für interne Reformen
Der bulgarische Premierminister Bojko Borissow hat diese „Orientierung“ intern als Versprechen dargelegt. Gleichzeitig tat Borissow in seiner Amtszeit sehr wenig, um Reformen zu fördern. Deshalb kann die Aussage von Jourová, dass die Überwachung nicht aufgehoben wird, ein schwerer Schlag für ihn sein, da seine zur konservativen Parteienfamilie EVP gehörende GERB-Partei gegenüber der oppositionellen bulgarischen sozialistischen Partei (BSP) an Boden verliert.
EurActiv fragte Jourova nach der Bewertung der Kommission hinsichtlich Bulgariens, unter anderem im Zusammenhang mit den Chancen, dass der CVM aufgehoben wird. „Ich persönlich bin der Meinung, dass dies unter der Verantwortung dieser Kommission nicht möglich ist. Wir haben nicht mehr viel Zeit vor uns. Und der Trend ist nicht so zufriedenstellend, dass wir sehr deutlich sagen könnten, dass wir diesen Mechanismus einstellen können“, erklärte Jourová.
Sie fügte hinzu, dass in Bulgarien die Wahrnehmung der Unabhängigkeit der Justiz laut der jüngsten Eurobarometer-Umfrage die drittniedrigste in der EU sei. „Die Menschen haben einen großen Mangel an Vertrauen in die Justiz“, sagte sie.
Die Justizkommissarin wies darauf hin, dass im Rahmen des CVM noch konkrete Meilensteine und konkrete Ziele zu erreichen seien, insbesondere im Zusammenhang mit den nachhaltigen und irreversiblen Maßnahmen, die die EU-Exekutive in Bulgarien sehen wolle.
Sofia wird von Immobilienskandal erschüttert
Bulgarien wird derzeit von Korruptionsskandalen erschüttert, die aufzeigen, dass viele der Machthaber Luxusimmobilien zu Marktpreisen erworben haben, die nicht ihrem Einkommen entsprechen könnten.
Viele der Betroffenen behaupten, dass die Immobilie zu niedrigen Preisen erworben wurde, weit unter dem marktüblichen Preis. Dies wirft jedoch auch andere Fragen auf: Aus welchem Grund haben sie die Immobilien so günstig erstanden?
Die Skandale entfalten sich weiter und stehen vor den Europawahlen in vier Wochen im Mittelpunkt. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass Neuwahlen unvermeidlich sind, wenn Borissow die Europawahlen verliert.
Übersetzung: Britta Weppner
Erschienen bei EurActiv.
Das europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.
Georgi Gotev
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