Politik: Fall Kurnaz – Schily entlastet Steinmeier
Ex-Innenminister übernimmt politische Verantwortung, Außenminister verteidigt sein Vorgehen
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Berlin - Vor dem BND-Untersuchungsausschuss haben Außenminister Frank- Walter Steinmeier und Ex-Innenminister Otto Schily (beide SPD) ihr Vorgehen gegen den ehemaligen Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz mit dem Sicherheitsinteresse Deutschlands gerechtfertigt. Es habe immer der Grundsatz gegolten, größtmögliche Sicherheit zu gewähren ohne die Grenzen des Rechtsstaats zu überschreiten. „An diesen Grundsatz haben wir uns gehalten – auch im Fall Kurnaz“, sagte Steinmeier am Donnerstag. Zuvor hatte Schily das Verhalten von Rot-Grüne verteidigt. Er sei mit dem Fall nicht befasst gewesen, übernehme aber die politische Verantwortung.
Schily sagte weiter, dass kein Zweifel daran bestehe, dass das Innenministerium und nicht das Kanzleramt oder das Außenministerium die „Kernverantwortung für die Bewertung von Sicherheitsgefahren“habe. Steinmeier sagte, es sei richtig gewesen, dass eine Spitzenrunde der Sicherheitsorgane unter seiner Leitung im Oktober 2002 sich für eine Einreisesperre für Kurnaz nach Deutschland ausgesprochen habe. Er übernehme die politische Verantwortung für seinen Anteil an diesen Beschlüssen: „Ich habe daran teilgehabt, ich bekenne mich dazu“, sagte er.
Nach Steinmeiers Darstellung erschien Kurnaz 2002 nach wie vor als „Gefährder“, der möglicherweise als „Schläfer“ in Bremen lebte. Er habe zu diesem Zeitpunkt den damaligen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) aber nicht von dem Fall unterrichtet. „Die Spitzen der Sicherheitsbehörden haben mir Herrn Kurnaz im Oktober 2002 als Sicherheitsrisiko geschildert, und ich hatte keinen Grund, an dieser Einschätzung zu zweifeln.“ Es habe vieles dafür gesprochen, dass Kurnaz in Afghanistan an der Seite der Taliban kämpfen wollte, als er 2001 in Pakistan festgenommen wurde. Er halte die Entscheidung für die Einreisesperre angesichts der Sicherheitslage nach den Anschlägen vom 11.9.2001 auch aus heutiger Sicht „nicht nur für vertretbar, sondern sogar für geboten“. Die deutschen Sicherheitsbehörden hätten nicht über Kurnaz’ Schuld befinden müssen, sondern nur über eine „von ihm möglicherweise ausgehende Gefährdung“.
Steinmeier bedauerte, was Kurnaz erlitten hat: „Niemand bezweifelt, auch ich nicht, dass Herr Kurnaz in Guantanamo Schlimmes durchgemacht hat. Ich kann in dem Zusammenhang auch ein Wort des Bedauerns sagen.“ Zugleich verwahrte er sich aber gegen Angriffe der Opposition. Steinmeier gab zu, dass deutsche Sicherheitsbehörden, die über Kurnaz’ Haft informiert waren, ihre Erkenntnisse an die USA weitergaben. Dies sei angesichts des gemeinsamen Vorgehens gegen den Terror selbstverständlich gewesen. Kritik, Rot-Grün habe sich nicht ausreichend für Kurnaz eingesetzt, wies er zurück. Ein Angebot der Amerikaner zur Freilassung habe es nie gegeben. Die USA hätten sich trotz der Bemühungen seines Vorgängers Joschka Fischer (Grüne) und des damaligen Kanzleramts „zu keiner Zeit in ihre Entscheidung über die Freilassung von Guantanamo-Häftlingen hineinreden lassen“. Erst 2005 habe eine Kehrtwende in der US-Haltung zur Freilassung von Kurnaz im Jahr darauf geführt.
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